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bestimme, dass an einem Orte ein Gericht errichtet und ihm ein
Teil eines anderen Gerichtsbezirkes zugewiesen werde, so sei von
selbst darin auch die Bestimmung enthalten, dass das neue Ge-
richt hinsichtlich des ihm zugewiesenen Bezirks an die Stelle
des bisherigen trete. Daraus folge weiter, dass alle bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten, die bisher auf Grund von Beziehungen zu
einem Orte des ursprünglichen Gerichtssprengels bei dem alten
Gerichte anhängig gewesen, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes
ohne weiteres nach Massgabe ihrer Beziehungen zu den jetzigen
Sprengeln auf die beiden neuen Gerichte zur weiteren Ver-
handlung und Entscheidung übergegangen seien. Die neuen Ge-
richte hätten also die vom bisherigen Gerichte angesetzten Ter-
mine wahrzunehmen °®.,
Diese Successionstheorie kann jedoch nicht als
richtig erachtet werden. Zunächst wird man wohl BETZINGER °®?
darin unbedenklich beitreten können, dass der privatrechtliche
Begriff der Eirbfolge auf unseren Fall nicht analog anwendbar
ist. Entsprechende Begriffe für „Tod“, „Erbmasse* lassen sich
hier nicht konstruieren. |
Weiter beruht aber die Ansicht KoPPERS auf einer nicht
zutreffenden Auffassung von dem Wesen der Gerichte. Jedes
Gericht, also auch ein Amtsgericht, stellt eine Behörde des
Staates dar d. h. ein Organ, welches zur Ausübung von Staats-
gewalt berufen ist. Als solchem kann ihm aber eine eigene ju-
ristische Persönlichkeit nicht zugeschrieben werden, denn im Ver-
hältnis zwischen Staat und Behörde steht nur dem ersteren
Persönlichkeit, Rechtssubjektivität zu. Wollte man den einzelnen
Organen auch eigene Persönlichkeit zuerkennen, so würde man
dazu kommen, den Staat in soviele einzelne Persönlichkeiten zu
zerlegen, als er Organe hat. Dass dies nicht angängig, ist jetzt
5? KOPPERS &. a. 0. S. 205, 209, 238.
88 BETZINGER, Einfluss einer Bezirksänderung auf anhängige Sachen, i.
d. Zeitschr. f. deutschen Zivilprozess Bd. 17 S. 442.