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zweifellos identisch mit der preussischen Staatssprache gewesen,
denn diese letztere konnte, solange den Untertanen als. Gesamt-
heit aktive politische Rechte fehlten, stets nur als Mittel des
Geschäftsverkehrs der Staatsorgane unter sich oder mit dem
Publikum, d. h. als staatliche Geschäftssprache, zur Anwendung
kommen. Es hätte nun vielleicht nahe gelegen, hierin Wandel
zu schaffen, als mit Erlass der Verfassung die Staatsbürger-
schaft als solche zur aktiven Ausübung politischer Rechte, und
unter anderen auch des Versammlungsrechtes, berufen wurde.
Man hätte damals oder später auf dem Wege der Gesetzgebung
erklären können, das Deutsche solle künftig nicht nur die Ge-
schäftssprache des preussischen Staates im bisherigen Sinne,
sondern auch die Sprache sein, deren sich die preussischen
Staatsangehörigen bei Ausübung ihrer aktiven politischen Rechte
ausschliesslich bedienen dürften 5”. Das ist jedoch weder damals
noch jemals später geschehen; auch das sogenannte Geschäfts-
sprachengesetz, das sich vornahm, in dem deutschen National-
staat Preussen die deutsche „Nationalsprache als ein Wahrzeichen
seiner Einheit im gesamten öffentlichen Leben zur Anwendung
zu bringen“ 5°, behandelte dennoch Staatssprache und Geschäfts-
sprache als Wechselbegriffee An Anregungen, darüber hinaus
zu gehen, hat es allerdings nicht gefehlt. Schon oben wurde
eine dahin zielende Bemerkung des Abgeordneten Windthorst
erwähnt, die am 21. März 1876 bei Besprechung der Lyskows-
Kischen Interpellation fiel 9), in der Abgeordnetenhauskommission
zur Vorberatung des Geschäftsordnungsgesetzes ist sodann ein
förmlicher Antrag eingebracht worden, wonach in denjenigen
#7 Eine stillschweigende Umwandelung der Staatssprache (= Geschäfts-
sprache) in eine Staatssprache (= Geschäftssprache und Versammlungs-
sprache) konnte die Verfassung nicht vornehmen. Darauf kommt ZoRN
mit seiner Annahme der Selbstverständlichkeit der deutschen Versammlungs-
sprache heraus. Vgl. oben S. 39 Anm. 50,
ss Motive zu dem Gesetz über die Geschäftsseprache der Behörden.
" Vgl. oben S, 6.