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Kreisen und Kreisteilen, in welchen der mündliche Gebrauch
einer fremden Sprache im Wege königlicher Verordnung ge-
stattet sei, dieselbe auch in Vereinen und öffentlichen Versamm-
lungen gebraucht werden dürfe. Der Antragsteller erklärte
hierzu, er verkenne zwar nicht, dass das Vereinsrecht an sich
nichts mit dem Sprachengesetz zu tun habe, und dass die Vereins-
freiheit durch das Sprachengesetz gar nicht berührt werde. Es
entstehe aber doch die Frage, ob der Staat Versammlungen ge-
statten müsse, welche sich durch den Gebrauch einer fremden
Sprache der Kontrolle der Beamten entziehen, und es liege in
den Konsequenzen des gegenwärtigen Entwurfs, welcher die
öffentliche Sprache mit den Behörden regelt, dass bei dieser
Gelegenheit auch die gedachte Frage nicht unerwähnt bleiben
dürfe, vielmehr ihre Entscheidung finden müsse, denn man dürfe
sich nicht verhehlen, dass mit dem Gesetze garnichts erreicht
sei, wenn die fremde Sprache als eine Sprache der organisierten
Opposition, der Absonderung und des feindlichen Gegentiber-
tretens durch das Vereinsrecht bleibe. Dem Ministerium des
Innern hätte diese Unterstützung seiner am 21. März 1876 in
Aussicht gestellten legislatorischen Pläne an sich willkommen
sein müssen, denn durch die Aufnahme des erwähnten Antrages
in das Geschäftssprachengesetz wäre mit einem Schlage die Frage
der preussischen Versammlungssprache in deutschem Sinne ent-
schieden gewesen. Dennoch lehnte Graf EULENBURG, der ja auch
schon bei Besprechung der Interpellation LyskowskI „die Ge-
schäftssprache als solche* in Gegensatz zu einer umfassenderen
Bestimmung desselben Begriffes gestellt hatte, aus prinzipiellen
Gründen die Verquickung des Sprachengesetzes mit dem Vereins-
und Versammlungsrechte ab, und seine Kommissare erklärten
in der Kommission, Versammlungen und Vereine fielen nicht
unter den Begriff der. politischen Körperschaften, und dement-
sprechend gehöre der gestellte Antrag nicht zum Sprachengesetze,
sondern zu einer fremden Materie, nämlich dem Vereins- und