Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 47 — 
Versammlungsrechte. Daraufhin ist die Kommission in eine 
materielle Würdigung des Antrages überhaupt nicht eingetreten, 
sondern hat denselben ohne weiteres mit allen gegen die Stimme 
des Antragstellers abgelehnt °. Im Plenum des Abgeordneten- 
hauses ist der Antrag nicht wieder aufgenommen worden. 
In einem merkwürdigen Gegensatze aber zu der durch solches 
Verhalten bekundeten, logisch einwandsfreien Scheidung von 
Greschäftssprache und Versammlungssprache steht nun die Praxis 
der preussischen Polizeibehörden, wie sie bis zum Jahre 1876 
unangefochten ausgeübt worden ist. Denn diese Praxis stützte 
sich bei ihrem Vorgehen gegen nichtdeutsche Versammlungs- 
sprachen mit besonderem Nachdruck auf die Rechtstatsache der 
in Preussen herrschenden deutschen Geschäftssprache. Im ein- 
zelnen waren die Behörden auch in der Anwendung dieses Prin- 
zipes selbst nicht ganz konsequent: wir haben gesehen, dass im 
Skurczer Falle der zuständige Amtsvorsteher es, ganz abgesehen 
von seiner Kenntniss des Polnischen, für seine Pflicht erklärte, 
den Gebrauch der polnischen Versammlungssprache zu inhibieren ®*, 
während in dem gleichzeitig spielenden Neukircher Falle der 
Kreisausschuss von Preussisch-Stargard wenigstens zugab, dass 
ein polnisch verstehender Polizeiabgeordneter zugunsten der Teil- 
nehmer einer öffentlichen Versammlung auf sein Recht,. die An- 
wendung der deutschen Sprache zu verlangen, verzichten könne ®. 
In der einen wie in der anderen Ausprägung aber liess sich das 
Geschäftssprachenprinzip für die Rechte der Polizei in politischen 
Versammlungen nur unter dem Gesichtspunkt ausbeuten, dass es 
sich im Verhältnis der Behörde zur Versammlung um einen 
Geschäftsverkehr im Sinne des preussischen Rechtes handele. 
Und diesen Gesichtspunkt hat ja nun auch ZORN neuerdings 
m mme0.. 
% Kommissionsbericht vom 7. April 1876: Anlagen zu den Sten. Ber. 
1876 Bd. 2. 8. 1189 ff. 
“ Vgl. oben 8. 8. 
* Vgl. oben S. 4. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.