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Versammlungsrechte. Daraufhin ist die Kommission in eine
materielle Würdigung des Antrages überhaupt nicht eingetreten,
sondern hat denselben ohne weiteres mit allen gegen die Stimme
des Antragstellers abgelehnt °. Im Plenum des Abgeordneten-
hauses ist der Antrag nicht wieder aufgenommen worden.
In einem merkwürdigen Gegensatze aber zu der durch solches
Verhalten bekundeten, logisch einwandsfreien Scheidung von
Greschäftssprache und Versammlungssprache steht nun die Praxis
der preussischen Polizeibehörden, wie sie bis zum Jahre 1876
unangefochten ausgeübt worden ist. Denn diese Praxis stützte
sich bei ihrem Vorgehen gegen nichtdeutsche Versammlungs-
sprachen mit besonderem Nachdruck auf die Rechtstatsache der
in Preussen herrschenden deutschen Geschäftssprache. Im ein-
zelnen waren die Behörden auch in der Anwendung dieses Prin-
zipes selbst nicht ganz konsequent: wir haben gesehen, dass im
Skurczer Falle der zuständige Amtsvorsteher es, ganz abgesehen
von seiner Kenntniss des Polnischen, für seine Pflicht erklärte,
den Gebrauch der polnischen Versammlungssprache zu inhibieren ®*,
während in dem gleichzeitig spielenden Neukircher Falle der
Kreisausschuss von Preussisch-Stargard wenigstens zugab, dass
ein polnisch verstehender Polizeiabgeordneter zugunsten der Teil-
nehmer einer öffentlichen Versammlung auf sein Recht,. die An-
wendung der deutschen Sprache zu verlangen, verzichten könne ®.
In der einen wie in der anderen Ausprägung aber liess sich das
Geschäftssprachenprinzip für die Rechte der Polizei in politischen
Versammlungen nur unter dem Gesichtspunkt ausbeuten, dass es
sich im Verhältnis der Behörde zur Versammlung um einen
Geschäftsverkehr im Sinne des preussischen Rechtes handele.
Und diesen Gesichtspunkt hat ja nun auch ZORN neuerdings
m mme0..
% Kommissionsbericht vom 7. April 1876: Anlagen zu den Sten. Ber.
1876 Bd. 2. 8. 1189 ff.
“ Vgl. oben 8. 8.
* Vgl. oben S. 4.