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den Organisation der Landesverwaltungen zur Aufstellung einheitlicher und
definitiver Ordnungen gelangen. Dabei kam auch die Veränderung des
heimatlichen Rechts durch den Erlass des BGB. und der damit zusammen-
hängenden Gesetze in Betracht. Es ist daher ein überaus umfangreiches,
in zahlreichen Gesetzen, Verordnungen, Schutzbriefen, Konzessionen, Ver-
trägen, Verfügungen zerstreutes Material, in welchem die Rechtssätze ent-
halten sind. Dem Verf. der vorliegenden Schrift, dem vor allem Fleiss und
umsicktige Beherrschung dieses gewaltigen Stoffes nachzurühmen ist, ist es
gelungen, diesen Stoff mit ziemlicher Uebersichtlichkeit zu ordnen und zu
verarbeiten. Es ist dies gerade für diese Materie ein erhebliches Ver-
dienst. Der Verf. hat S. 33 eine Erörterung über das Wesen der Gebiets-
hoheit eingeschoben, in welcher wie in allen neueren Untersuchungen die
Frage, ob sie die Betätigung der Staatsgewalt im Staatsgebiet oder anı
Staatsgebiet ist, erörtert wird, ohne einen neuen Gesichtspunkt zur Lösung
der Frage beizubringen. Der von mir gegebene Hinweis, dass man auch
das privatrechtliche Eigentum am Grundstück ebenso gut als eine Betäti-
gung der Herrschaft des Eigentümers innerhalb der Grundstücksgrenzen wie
als Herrschaft über das Grundstück auffassen kann, woraus sich ergibt,
dass die ganze von FRICKER erhobene Polemik eine unfruchtbare dialek-
tische Gedankenspielerei ist, ist vom Verf. ebenso wie von anderen neueren
Schriftstellern unbeachtet geblieben. Dass im internationalen Verhältnis
die sachenrechtliche Behandlung der Territorien gilt, scheint mir unbestreit-
bar zu sein; für die Dogmatik des Rechts ist aber ein einheitlicher
Begriff der Gebietshoheit, welcher sowohl für das Völkerrecht als auch für
das Staatsrecht verwendbar ist, ein wissenschaftliches Erfordernis. Uebrigens
glaube ich, dass das Bodenregal in den Schutzgebieten und die Landver-
leihungen Stützpunkte für die Auffassung der Gebietshoheit als Recht am
Gebiet sind,
Laband.
O. Reincke, Reichsgerichtsr. a.D., Die Verfassung desDeutschen
Reichs nebst Ausführungsgesetzen. Für den prakt. Gebrauch mit
besonderer Beziehung auf Preussen erläutert. Berlin 1906. 386 S.
Der Verfasser dieses Werkes ist leider nicht lange Zeit nach Erschei-
nen desselben gestorben; der Kommentar ist daher gleichsam als ein wissen-
schaftliches Vermächtnis anzusehen. Er ist nach der Methode gearbeitet,
nach welcher jetzt alle grösseren Reichsgesetze kommentiert werden. Man
darf ihn nicht mit dem SEeYDELschen Kommentar vergleichen, welcher von
einer bestimmten Theorie und politischen Tendenz aus die Bestimmungen
der RV. beleuchtet, sondern der Verf. erläutert die Artikel der Verf. aus
dem durch die Gesetzgebung, Wissenschaft und Praxis gegebenen Material
in ausführlichen Erörterungen. Den Ansichten des Verf. kann man mei-