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preuss. Rechts zuwendet, gibt er in engem Anschluss an ANSCHÜTZ und
unter sachgemässer Widerlegung anderer Theorien, namentlich der Enume-
rationstheorie von ARNDT, eine Darstellung, die m. E. richtig ist, bei wel-
cher er aber seine allgemeinen Grundsätze und insbesondere den formalen
Gesetzesbegriff HAneLs — wie es scheint, ohne sich dessen bewusst zu
werden — verleugnet. In Preussen scheiden aus der in Rede stehenden
Frage, zunächst drei Arten von Behörden aus, deren Einrichtung kraft aue-
drücklicher Anordnung der Verfassungsurkunde durch Gesetz erfolgen
muss; nämlich die Gerichte, die Oberrechnungskammer und die Selbstver-
waltungsbehörden. Der Verf. zeigt an der Hand der preuss. Gesetzgebung,
dass diese Vorschrift stets beobachtet worden ist. Es scheidet ferner eine
sehr zahlreiche Gruppe von Behörden aus infolge der formellen Gesetzes-
kraft, d. h. wenn einmal eine Behörde durch Gesetz errichtet und organi-
siert worden ist, so können Aenderungen dieser Vorschriften nur in der
Form des Gesetzes vorgenommen werden. Wie verhält es sich nun aber
mit denjenigen Behörden, welche nicht zu diesen beiden Kategorien ge-
hören? Hier erbringt nun der Verf., in Uebereiustimmung mit ANSCHOTZ,
unter Benutzung eines reichhaltigen Materials den Beweis, dass die Urhe-
ber der preuss. Verfassung in kontinuierlichem Anschluss an das frühere
Recht den Begriff des Gesetzes auf solche Anordnungen beschränken, welche
die persönlichen Rechte und Verpflichtungen der Staatsbürger und ihr
Eigentum (Vermögen) betreffen und dass dieses Kriterium auch dafür mass-
gebend ist, ob die Errichtung, Organisation und Kompetenz einer Behörde
durch ein Gesetz bestimmt werden müssen, oder ob eine Verordnung,
also ein Verwaltungsakt, zulässig ist. Damit stimmt auch in der Tat die
preussische Praxis überein, wenn man erwägt, dass die Form des Gesetzes
‘aus den verschiedensten Gründen gewählt werden kann, wo sie nicht ge-
boten ist. Der Verf. kommt also unversehens zu einem materiellen Gesetzes-
begrifl, d.h. zu einem durch den Inhalt der Anordnung gegebenen, welcher
von der Form in welcher eine Anordnung getroffen worden ist, völlig ver-
schieden ist und nur insofern mit dem formellen Begriff zusammenbängt
als eine Vorschrift, welchen ihrem Inhalt nach eine Rechtsvorschrift ist
d.h. nach der Auffassung. der Preuss. Verf. die persönliche Rechtssphäre
und das Vermögen betrifft, der Regel nach in der Gesetzesform zu erlassen
ist. Die Abhandlung enthält daher, ohne dass der Verf. es will und be-
merkt, durch die gründliche Behandlung einer einzelnen Materie eine Wider-
legung der Hineuschen (esetzestheorie und eine Bestätigung des Gegen-
satzes zwischen Rechtsinhalt und Gesetzesform. Zu erwähnen ist .noch,
dass der Verf. in einem Anhang eine chronologische Uebersicht über die
wichtigeren seit 1850 erfolgten Errichtungen, Veränderungen und Aufhebungen
von preussischen Behörden unter 344 Nummern aus der preussischen Gesetz-
sammlung zusammengestellt hat.
Laband.