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System in Oldenburg und den drei freien Städten; der Verf. findet es auch
in der württembergischen Verf. ausgesprochen und er rechnet insbesondere
auch Preussen zu den Staaten, in welchen dieses System gilt; m. Ans. nach
mit Unrecht und ohne ausreichende Begründung. Das „englische* System
ist nach der Meinung des Verf. nur in Braunschweig durch ausdrückliche
Vorschrift der Verf. anerkannt, wird aber auch in Bayern, Sachsen, Baden,
Hessen und der Mehrzahl der thüringischen Staaten befolgt. Sodann (S. 55 fg.)
wendet sich der Verf. dem Recht des D. R, zu und nimmt auf Grund einer
am Buchstaben haftenden Auslegung des Art. 11 der RV. die Geltung des
„völkerrechtlichen® Systems an; jedoch sei die Vorlage an den Reichstag
erst nach erfolgter Ratifikation des Vertrages nicht absolut unzulässig. Zum
Schluss erörtert der Verf. die Rechte der deutschen gesetzgebenden Körper-
schaften bei der Aufhebung und Ausserkraftsetzung von Staatsverträgen.
Ganz abgesehen davon, inwieweit man mit den Ansichten des Verf. ein-
verstanden ist oder nicht, kann man seiner Abhandlung eine erhebliche
Förderung der von ihm behandelten Lehre wobl kaum nachrühmen.
Laband.
Eugen von Ziegler. Die Praxis des bayrischen Budgetrechtse. München
1905. 240 S. 8°,
Das bayrische Budgetrecht, welches bekanntlich auf ganz anderen ver-
fassungsrechtlichen Grundlagen beruht wie das Preussens und des Reichs,
ist in neuerer Zeit mehrfach der Gegenstand theoretischer Erörterun-
gen geworden, in welchen sich eine nicht unerhebliche Verschiedenheit
der Ansichten offenbart hat. Der Wortlaut der in der bayrischen Verfas-
sung enthaltenen Bestimmungen ist vollkommen ungeeignet, um durch gram-
matikalische Auslegung die wichtigen budgetrechtlichen Fragen zu ent-
scheiden, inwieweit der Landtag berechtigt ist, Steuern oder uündere Ein-
nahmen zu verweigern, Ausgaben abzulehnen oder zu beschränken und in
wie weit andererseits die Regierung an die Einhaltung des ganzen Budgets
gebunden oder zu Abweichungen davon befugt ist. Der Verf. hat sich da-
her die Aufgabe gestellt, die Grundsätze, welche sich in der Praxis ent-
wickelt haben und den gegenwärtig geltenden Rechtszustand bilden, dar-
zustellen und er hat diese Aufgabe mit grösster Umsicht und Sachkenntnis
gelöst, indem er alle auf das Budgetrecht bezüglichen parlamentarischen
Vorgänge seit dem sogen. „Verfassungsverständnis“ von 1843 berücksichtigt
und an ihnen geprüft hat, welche Rechtsanschauungen sich in denselben
ausdrückten und zur Anerkennung gelangten. Dabei musste er mit beson-
derer Sorgfalt darauf achten, die Ansichten einzelner Redner und Bericht-
erstatter, sowie einseitige Anschauungen der Regierung oder einer der bei-
den Kammern von denjenigen Grundsätzen zu unterscheiden, welche als
der Ausdruck einer übereinstimmenden Rechtsauffassung anzusehen sind und