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opinione jurie befolgt wurden. Allerdings fehlt auch diesen Grundsätzen
die formelle Gesetzeskraft und sie sind in fortwährendem Fluss begriffen,
Die Darstellung des Verf. selbst zeigt am deutlichsten, dass hier eine hi-
storische Entwicklung vorliegt, welche zu einer allmählichen Ausbildung
des Budgetrechts geführt hat und es besteht natürlich keine Gewissheit,
dass ‘diese Entwickelung bereits einen definitiven Abschluss gefunden hat
und nicht zu einer weiteren Steigerung der Macht der Volksvertretung und
der ihr entsprechenden Herabdrückung der Regierungsgewalt der Krone
führen werde. Dies schliesst aber nicht aus, dass die Feststellung des
gegenwärtig geltenden Rechts von grösster Bedeutung und eine dankens-
werte Leistung ist, und der Verfasser weist mit Recht darauf hin, dass auf
einem Gebiet, auf .welchem es keinen Richterspruch zur Entscheidung von
Streitigkeiten gibt, den Präzedenzfällen und dem gegenseitigen Verhalten
der obersten Organe des Staates eine besondere Wichtigkeit zukommt.
Laband.
Dr. Josef Redlich. Recht und Technik desEnglischenParie-
mentarismus. Die Geschäftsordnung des House of Commons in ihrer
geschichtlichen Entwicklung und gegenwärtigen Gestalt. Leipzig: Ver-
lag von Duncker und Humblot. 1905. Royal. 8vo. XX. 881 pp.
Preis: 20,— M.
In diesem bahnbrechenden und bedeutenden Werke schildert REDLICH
sowohl die Entwickelung und die heutige Gestalt der Geschäftsordnung
des englischen Unterhauses als den Zusammenhang dieser Entwickelung
mit der englischen Verfassnngsgeschichte und insbesondere der Geschichte
des englischen Parlaments und seinen Beziehungen zu der Ausübung der
Regierungsgewalt. Dieser Zusammenhang zeigt sich, wie R. in meister-
hafter Weise darlegt, vom ersten Augenblicke an, in welchem die Auf-
zeichnungen der Debatten beginnen, d. h. in der Mitte des sechzehnten
Jahrhunderts und lässt sich bis in die neueste Zeit verfolgen. Namentlich
ist in dieser Beziehung die letzte Entwickelung interessant, welche R. mit
Recht besonders betont. Während nämlich früher die Regierung dem
Parlamente gegenüber als fremdes Organ auftrat, gegen dessen Eingriffe
die Geschäftsordnung ein Bollwerk aufzurichten bestimmt war, ist jetzt
die Regierungsgewalt in dem „Kabinett“ konzentriert, das ın seiner heutigen
Gestalt, aus den leitenden Mitgliedern der im Hause herrschenden Partei
besteht. Wenn daher die jetzt massgebende Tendenz dahin geht, die Macht
dieser Persönlichkeiten dem Hause gegenüber zu erhöhen, so ist dies —
wie R. in trefiender Weise darlegt — dem Umstande zuzuschreiben, dass
sie in ihrem Verhältnisse zum Hause nicht als Diener der Krone, sondern
als „die die Staatsgeschäfte führenden Abgeordneten“ angesehen werden.
Wenn auch das vorliegende Werk sich hauptsächlich mit dem Ver-