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trachten ist. Die Kriminalität ist gegen früher trotz aller Gottlosigkeit eine
leichtere geworden. Wenn die Religiosität im Gemüte des Menschen die
Antriebe zu Straftaten mit Erfolg bekämpfen soll, werden vorher die Kir-
chen ihre Dogmen revidieren müssen. Wir leben in einer Uebergangszeit,
hervorgerufen durch starke Bevölkerungszunahme und Ausdehnung von In-
dustrie und Handel. Eine gewisse Kriminalität als» Krankheit am Volks-
körper ist in bald zunehmendem, bald abnehmendem Masse unvermeidlich.
Dresden, Dr. Wulffen.
Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte.
IV. Bd. 1. Heft: Königreich Sachsen. Mit Beiträgen von G. Hüpe,
R. Heinze, L. Ludwig-Wolf, J. Hübschmann, 2. Heft:
Königreich Württemberg von Dr. E. Springer. 120. Band der
Schriften des Vereins für Sozialpolitik. Verlag von Duncker & Hum-
blot. Leipzig 1905. Heft I: 185 S. 4 M. Heft 2: 118 S. 2,60 M.
Der Tendenz des herausgebenden Vereins: wissenschaftliche Grundlagen
zu liefern für die praktische Lösung der sozialen Probleme unserer Zeit,
wird die Schrift in vortrefllicher Weise gerecht. Die sächsischen Städte
erfreuen sich der Durchführung des Selbstverwaltungsprinzips im weitesten
Masse. Die Grundlagen ihrer Verfassung und die Ordnung ihrer Verwaltung
wird mit knappen klaren Strichen anschaulich dargestellt. Zahlreich ein-
gestreute kritische Bemerkungen veranschaulichen die Wirkung der gesetz-
lichen Einrichtungen und erhöhen so den praktischen Wert der Schrift.
Entsprechend der Besonderheit der Verfassung haben die drei grössten sog.
exemten (d. h. den Amtshauptmannschaften nicht unterstehenden und Be-
zirksverbänden nicht angehörenden) Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz
eine gesonderte Darstellung erfahren. Die übrigen Stiidte werden in einer
„Königreich Sachsen“ betitelten Abhandlung zusammengefasst. Ihr Ver-
fasser ist Geh. Regierungsrat a. D. Prof. Dr. Geor6G HAp« in Leipzig. Eine
kurze Einleitung macht uns mit dem Werdegang des süchsischen Stadtrechts
bekannt. Es folgen einige allgemeinere Darstellungen: rechtliche Natur der
Gemeinden, Statutarrecht, Stadtbezirk, Gemeindemitglieder, Bürger und
deren Beteiligung an der Verwaltung. Entsprechend den für grössere (79)
einerseits, für mittlere und kleine Städte (64) andererseits geltenden beiden
(revidierten) Städteordnungen vom 24. April 1873 gibt Verfasser sodann
getrennte Darstellungen dieser beiden Rechtsgebiete. Den Abschluss bilden
Erörterungen über Stadtvermögen, Gemeindeleistungen, Bezirks- und Ge-
meindeverbände, Staatsaufsicht. Die Art und Form der Darstellung und die
Disposition ist vortrefflich.
Die Stadt Dresden folgt in dem Heft als erste der exemten Städte.
Ihre Verfassung und Verwaltung behandelt Landgerichterat Dr. HEınze da-
selbst. Wie sehr in. Dresden der Schwerpunkt der Verwaltung in den Aus-
schüssen ruhen muss, zeigt die mitgeteilte ungewöhnlich grosse Zahl