Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 612 — 
seine Lande, das heisst in die Werkstätte seines Schaffens gehen. Freilich 
können die Ergebnisse eines -solchen Eingehens und Mitdenkens auch bei 
liberalster Raumzuweisung nicht ziffermässig erkennbar auf die Tafel ge- 
bracht werden; das kann nur in Anlehnung und Ablehnung im Stromlauf 
der gunzen folgenden literarischen Facharbeit erreicht werden. So einfach 
wie gegenüber einer in ihrem Schaffensziel genau bestimmten Monographie 
ist die Stellung der literarischen Kritik in solchem Falle nicht. Hier gilt 
es das im Aufbau, im Grundplan gelungene Werk, das den zeitlichen Re- 
kord der Lebre um ein gut Stück vorwärts bringt, en bloc anzunehmen, 
— oder, wenn jene Voraussetzungen nicht geboten worden — en bloc ab- 
zulebnen. In beiden Fällen kann es natürlich an „Vorbehaltsgut“ nicht feh- 
len, das nicht dem vorherrschenden Urteil unterliegt, das sich aus der 
senden Wertrelation zwischen dem Teil und dem Ganzen ergibt. 
Das gilt denn auch von dem grossen mit echt-englischer Opulenz und 
gewinnender Ausstattung bedachten zweibändigen Werk des frühern deut- 
schen akademischen Lehrers, der nunmehr an neuer Stätte einen umfas- 
senden Wirkungskreis gewonnen hat. 
Im englischen Sprachgebiet nimmt es erfolgreich den Kampf zu gun- 
stensystematischerGeschlossenheit des darzustellenden Stoffes 
auf und wird dadurch vorbildlich wirken für die künftige wissenschaftliche 
Pflege der Lehre. Es wird drüben in Zukunft weniger die Rede sein von 
„naturrechtlichen* und „vernunftrechtlichen* Postulaten, von der „reason“ 
als Rechtsquelle, von der „Gebietssouverainetät* und von anderen schwer 
vollziehbaren „Grundbegriffen“ des Völkerrechts. OPPENHEIM hat mit kräf- 
tigem Griffe der fachwissenschaftlichen Produktion in englischer Sprache 
die Bahnen der systematischen Einheit gewiesen, die planmässige Auf- 
teilung der Materie so überzeugend durchgeführt, dass das von ihm darge- 
botene Ordnungsprinzip der gesamten künftigen englischen Literatur nicht 
mehr verloren gehen kann. In diesermethodischenReform erblicke 
ich den bleibenden hohen Wert des OPPENnHEIMschen Treatise. Ich lasse 
dabei den Einwand nicht gelten, dass auch für den Aufbau der Systematik 
eines Wissensgebietes, wie es das stofflich so spröde Völkerrecht ist, das 
Wort zutrifft: — die Verheissung gilt uns mehr als die Erfüllung. Gewiss 
leidet auch nach meinem Empfinden OppEnHEIMs Werk an. dem recht häufig 
hervortretenden Mangel des Ebenmasses, der überreichlichen Häufung des 
in Form gebrachten Stoffes an der einen, und der ungenügenden Knappbeit 
an anderen Stellen. Der ganze die internationale Friedons-, Wirtschafts- 
und Verkehrsordnung gestaltende Stoff ist — die weitausgreifende Litera- 
turgeschichte und Bibliograpbie abgerechnet — nur knapp ebenso gross 
wie die Darstellung des modernen Kriegsrechts. Auch die kühnste Verwer- 
tung des HrrBARTschen Satzes von der „Unlust am Streit“ zur rechtephi- 
losophischen Fundierung des heutigen Völkerrechts rechtfertigt diese un- 
gleiche Bewertung der verkehrsgestaltenden, schöpferischen und der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.