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neue Fragen und Erweiterungen der Probleme; so im ausführlichen Kapitel
über „miscellaneous Agencies“ und „internationaltrans-
actions*. — Im 1. wie im 2. Bande, der Krieg und Neutralität be-
handelt, bietet jeder Paragraph die literarischen Kontrollmittel durch ge-
naue Anführung des zur Materie gehörigen literarischen Apparates.
Nicht nur die deutsche, auch die französische und englisch-amerikanische
Facharbeit ist hier mit einer von keinem bisher in englischer Sprache er-
schienenen Völkerrechtswerk auch nur annähernd erreichten Vollständig-
keit und Parteilosigkeit dem Leser zurecht gelegt. Die Kasuistik ist im
Kriegs- wie im Friedensrecht fleissig und sachkundig beigebracht und na-
mentlich in der Neutralitätslehre manch Signal gegeben, das wir bisher
vergebens aus „englischem Lager“ erwartet haben.
Die Beibringung einiger diplomatischer Quellen ist Frage des Geschmacks
in der Auswahl, erhöht aber sicherlich die praktische Brauchbarkeit des
Werkes, dein wir in England grösstmögliche Verbreitung wünschen; aber
auch auf’ dem Kontinent wird OPPENHEIMSs Buch, dessen theoretische Grund-
linien wir hier nur andeuten konnten, bald zu einem Pflichtexemplar wer-
den im Handapparat derjenigen, die sich mit der Stellung und den künftigen
Entwicklungschancen unserer Lehre befassen wollen. Es bietet nicht nur
Lesefrüchte, nicht nur den „Stand der Lehre*, sondern ein breites Stück
modernen Rechts besehen im Lichte klarer und parteiloser juristischer Kritik.
Stoerk,
Max Fleischmann, Amtsrichter und Privatdozent an der Universität Halle,
Völkerrechtsquellen in Auswahl herausgegeben. — Halle a. 8,
Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses. 1905. SS. XII und
380 Oktav.
Wie sehr sich der Radius der rechtlichen und wirtschaftlichen Be..
ziehungen des Deutschen Reiches verlängert, der Kreis der Interessensphäre
vom deutschen Mittelpunkt aus umschreiben erweitert hat, das macht neben
Handelskammerberichten und statistischen Uebersichten unserer Auslands-
konsuln nichts so klar erkennbar, wie das in unseren Tagen an allen
Punkten merklich hervortretende Interesse am internationalen Recht. Wer.
vor etwa 20 Jahren in den akademischen Dienst dieser Lehre in Deutsch-
land getreten und den damaligen Stand des öffentlichen Interesses für Fragen
einschlägiger Natur mit der heute fast zu weit getriebenen Reizbarkeit ver-
gleicht, der muss zur trostreichen Synthese gelangen, dass die Lebensarbeit
des deutschen Volkes, das energische Streben nach „Ellbogenraum*“ in die-
ser Frist nicht erfolglos gewesen, dass hier ohne Ruhmredigkeit reiche
Früchte erzielt worden sind.
Im Lichte dieser Erkenntnis ist FLEISOHMAnns Sammlung von Völker-
rechtsquellen weit mehr als eine blosse Materinliensammlung, die nur dem