Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

6 — 
zweiten Auflage seines Kommentars S. 408 — zu Absatz 2 des 
Artikel 76 —). 
An den Tatbestand „wenn Bundesglieder ihre verfassungs- 
mässigen Bundespflichten nicht erfüllen* knüpft Artikel 19 die 
Rechtsfolge mit den Worten „können sie dazu im Wege der 
Exekution angehalten werden.“ Aus der Wortfassung „können 
Sie..... angehalten werden“ ergibt sich, dass die Verfassung 
die Rechtsfolge der Exekution nicht als eine notwendige (wie 
z. B. das Strafgesetzbuch, wenn es sagt „wird bestraft“), son- 
dern nur als eine mögliche festsetzen will, denn sonst müsste es 
heissen „sind anzuhalten.“ Nur diese eine mögliche Rechtsfolge 
gibt die Verfassung an, damit will sie andere Möglichkeiten, die 
Bundesglieder zur Erfüllung ihrer Pflichteri anzuhalten, nicht 
für ausgeschlossen erklären. Ja, in Anbetracht der Schwere und 
Strenge der von ihr angegebenen Rechtsfolge will sie vielmehr, 
dass die Reichsgewalt in gegebenen Falle zunächst andere Mög- 
lichkeiten ins Auge fasst und erst im äussersten Fall zu dem 
letzten und schwersten Zwangsmittel, der Exekution, greift. Nur 
das schwerste Zwangsmittel gibt die Verfassung an,’ ähnlich dem 
Strafgesetzbuch, das vielfach ausdrücklich nur die Maximalstrafe 
festsetzt, die milderen Mittel dagegen setzt sie als bekannt vor- 
aus. Als solche haben nun zu gelten: diplomatische Vorstel- 
lungen bei der Regierung des betreffenden Bundesstaates, güt- 
liche Aufforderungen. von seiten des Bundesrates (resp. des 
Kaisers zunächst, sofern Art. 68 Abs. 3 in Frage kommt), 
schliesslich Stellung eines Ultimatums vun seiten des Bundes- 
rates unter Androhung der: Exekution.. Alle diese milderen 
Mittel wünscht die Verfassung zunächst in Anwendung gebracht 
zu sehen, wenn sie sagt „können angehalten werden,“ und sie 
beruft sich damit auf die Rechtsübung zur Zeit des deutschen 
Bundes, dessem.Recht sie ja in der Wiederaufnahme der Bundes- 
exekution zum Vorbild nimmt. Ja, es lässt sich sagen, dass 
die Verfassung mit den Worten „können...... angehalten 
Archiv fürs öffentliches Recht. XX. 1. 5
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.