Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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reduzieren, wenn auch die tatsächliche Entwicklung im entgegen- 
gesetzten Sinne verläuft; denn „die Verfassung gestattet ebenso- 
wohl die Fortentwicklung in dezentralisierender, föderalistischer 
Richtung wie die Konsolidierung zum Einheitsstaat“ (LABAND 
a. 8. OÖ. S. 129) 2, 
Aber auch wenn das Reich alle Hoheitsrechte in substantia 
auf sich vereinigen würde, würden die Einzelstaaten — nach dem 
Gesagten — gleichwohl nicht aufhören, souverän zu sein, und 
also auch nicht aufhören, Staaten zu sein. Denn das essentielle 
Merkmal der Staatsqualität verbliebe ihnen gleichwohl, wir meinen 
die Fähigkeit, Hoheitsrechte zu haben; denn diese ist ja, wie 
wir wissen, unabhängig vom Wechsel der substantiellen Hoheits- 
rechte, sie dauert also unverändert fort, auch wenn man alle sub- 
stantiellen Hoheitsrechte von ihr abstrahiert *°. 
Daß aber die potentielle Souveränität der Glied- 
staaten kein bloßes theoretisches Phantom, sondern ein im 
eminenten Sinne aktueller Begriff ist, das würde 
namentlich in dem Falle praktisch werden, daß das Reich — aus 
irgendeinem Grunde — einzelne Hoheitsrechte wieder aufgeben 
würde oder daß es als solches aufhörte, zu existieren: Dann wür- 
den nämlich die Hoheitsrechte der Einzelstaaten, die bis dahın 
21 Vgl. auch JELLINEK a. a. O. S. 718 und Staatenverb. S. 304 fg. 
22 Man wird einwenden: Einen Staat, der keine (substantiellen) Hoheits- 
rechte hat, gibt es nicht. Historisch ist das richtig; aber die praktische 
Unwahrscheinlichkeit, die mangelnde Lebensfühigkeit eines solchen Gebil- 
des beweist nichts gegen seine juristische Möglichkeit. Das Beispiel 
des zusammengesetzten Staates hat uns ja gelehrt, daß die einzelnen sub- 
stantiellen Herrschaftsrechte nur Ausstrahlungen der Staatshoheit sind, die 
ihrem Wesen nach eine bloße Potenz ist, und wir haben gesehen, daß der 
Souv. im subj. und eigentl. Sinne kein einziges Herrschaftsrecht 
wesentlich ist. Freilich ist ein solcher „potentieller* Staat nur mög- 
lich als Korrelat zu einem „essentiellen® Staat, als Glied eines zusammen- 
gesetzten Staatswesens, durch dessen (Verfassungs-) Recht er getragen, dh. 
seine Fähigkeit subst. Hoheitsrechte zu haben (Staatsqualität) anerkannt 
wird.
	        
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