Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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geruht haben, — kraft jener potentiellen Souveränität — von 
selbst, elastisch wiederaufleben in betreffender Richtung: die 
bloße Macht würde zur Tat°®®. 
Dies ist eine Konsequenz, die sich aus der juristischen Natur 
der Reichsgründung ergibt. Denn wenn bei der Reichsgründung 
die einzelstaatlichen Kontrahenten aus der Fülle ihrer Hoheits- 
rechte (Souv. i. obj. S.) einzelne Hoheitsrechte dem Reich über- 
tragen haben zum Zwecke einheitlicher Ausübung, so gingihre 
Absicht dabei nicht dahin, eine Potenz von sich zu 
geben; m. a. W.: nicht die Fähigkeit, diese bestimmten 
Hoheitsrechte zu besitzen, wollten sie aufgeben, sondern ledig- 
lich den substantiellen Besitz betreffender Hoheits- 
rechte — aus Zweckmäßigkeitsgründen, nämlich zur gemein- 
samen Ausübung — dem Gesamtstaat überlassen **; oder anders 
ausgedrückt, der Wille der reichsgründenden Staaten ging dahin, 
bestimmte Hoheitsrechte ruhen zu lassen, solange das Reich sie 
ausübt und im Besitze hat. 
Würde also das Reich als solches — z. B. kraft oder rich- 
  
2 Darin also liegt die praktische Bedeutung unseres „potentiel- 
len‘, rubenden Staates gegenüber dem Nichtstaat, daß es zu seinem 
Wiederaufleben keines positiven, konstituierenden Aktes 
bedarf, daß der potentielle Staat vielmehr von selbstund 
aus sich heraus wieder essentiell wird, sobald und inso- 
weit der ihm korrespondierende essentielle Staat weg- 
fällt; er ruht also nur, er ist nicht tot; seine Wirksamkeit ist nur su- 
spendiert, nicht aufgehoben; er ist kein Scheinstaat, sondern ein wirklicher 
Staat: doch liegen seine Wirkungen in der Zukunft, sie werden erst exi- 
stent beim Fortfall eines negativen Tatbestandsmoments, des korresp, essen- 
tiellen Staates. 
% In bemerkenswertem Gegensatz hiezu steht der Präliminarfriedens- 
vertrag von Versailles vom 26. II. 1871. in welchem Frankreich zugunsten 
des Deutschen Reiches auf alle seine Rechte auf E.-J. „verzichtet‘; 
hier gibt Frankreich nicht bestimmte einzelne Hoheitsrechte, gewisse Aus- 
strahlungen und Konsequenzen aus seiner Staatshoheit (i. subj. S.) über 
F-L.. sondern diese selbst, d. h., nicht bloß die Substanz, 
sondern auch die Potenz auf.
	        
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