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dienstliche Interesse gebiete. Solche Formel verwandelte den Be-
amten vollkommen in ein Werkzeug seines Vorgesetzten, sie
widerspräche den Grundlagen des konstitutionellen Staatsrechtes
und würde für das Dienstrecht die Willkür des Absolutismus voll-
kommen wiederherstellen. Die Beamtengesetze gehen vielmehr
von der Redefreiheit aus und verbieten ausdrücklich nur ganz
bestimmte Arten und Formen der Aeußerung. Dem Beamten ist
nicht nur erlaubt, was das Beamtengesetz ihm ausdrücklich ge-
stattet, sondern es ist ihm auch nur verboten, was ihm das Be-
amtengesetz ausdrücklich verbietet.
Es fehlte bisher an einer besonderen monographischen Unter-
suchung dieser so wichtigen Rechtsgrenze?. Ihre genaue Fest-
stellung ist von zunehmender Wichtigkeit, seit das kritische Wort
mit Entwickelung der Presse und der Berufsvereine durch die Mas-
senhaftigkeit der Unterstützung auch an Wirksamkeit zugenom-
men hat. Von besonderem wissenschaftlichem Interesse ist die
Verfolgung dieser Grenze im Beamtenrecht deshalb, weil sie nicht
nur zwischen Interesse und Recht, zwischen dem Staat als ab-
straktem Rechtssubjekt und seinem Diener, sondern auch durch
diesen Diener selbst hindurehläuft und ihn in zwei öffentliche
Persönlichkeiten, den Staatsdiener und den Staatsbürger, gleich-
sam zerlegt.
Der Staat benützt seine Beamten zu seinen Zwecken, er gibt
ihnen ein besonderes Dienstrecht, einen gehobenen Stand mit
materiellen Vorzugsrechten und er formuliert einseitig ihre Pflich-
ten, aber er vernichtet nicht ihre Rechtspersönlichkeit, denn er
braucht gerade diese, mit Sklaven ist ihm nicht gedient, im öffent-
lichen, staatlichen Interesse also sind nicht nur die Pflichten und
Rechtsbeschränkungen, sondern ist auch der Rechtsschutz der
Persönlichkeit des Beamten gesetzt. Man kann auch nicht be-
2 Vgl. jetzt Dr. H. Pasquay, Die Vereins- und Versammlungsfreiheit
der Beamten nach deutschem Vereins- und Beamtenrecht. Ann. d. D. R.s
Jgg. 1914 N. 6 ff. S. 401 ff.