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„ein Kind, das in dem Gebiet eines Bundesstaats aufgefunden
wird (Findelkind), gilt bis zum Beweise des Gegenteils als Kind
eines Angehörigen dieses Bundesstaats. “
Tatsächlich hat man aber die Staatsangehörigkeit von Findel-
kindern auch unter der Herrschaft des alten Gesetzes nicht an-
ders bestimmt”. Im übrigen enthält die oben wiedergegebene
Bestimmung nicht etwa eine Anerkennung des ius soli für den
Spezialfall des Findelkinds: dies ist mit Unrecht gegen die obige
von der Kommission eingefügte Vorschrift von dem Regierungs-
vertreter geltend gemacht worden. Aus dem Wortlaut des Ge-
setzes ergibt sich gerade das Gegenteil; das Prinzip des ius san-
guinis ist also auch insoweit aufrechterhalten: denn das aufge-
fundene Kind soll nicht etwa deshalb als preußischer Staatsange-
höriger presumiert werden, weil es auf preußischem Gebiet ge-
funden wurde, sondern weil es bis zum Beweise des Gegenteils als
Abkömmling eines preußischen Staatsangehörigen angesehen wer-
den soll.
b) Die Legitimation.
Bis auf die kürzere Fassung enthält das neue Gesetz nach
dieser Richtung kaum eine Abweichung gegenüber dem zuvor
geltenden Recht. Die hier fragliche Bestimmung ($ 5 des neuen
Ges.) kommt naturgemäß nur für uneheliche Kinder in Betracht.
Unter welchen Voraussetzungen vollzieht sich nun die Legitima-
tion derselben? Der Entwurf zum neuen Staatsangehörigkeits-
gesetz hatte ursprünglich den Wortlaut:
„durch die von einem Deutschen nach den deutschen Gesetzen
bewirkte Legitimation erwirbt das Kind die Staatsangehörig-
keit des Vaters.“
Diese Fassung erschien der Kommission zur Vorberatung des
2 CAHN a.a.0. S. 50.
23 Verl. RoMEN a.a. 0. S. 23, der im $ 4 Abs. 2 gleichfüulls eine Durch-
brechung des ius sanguinis zugunsten des ius soli erblickt.