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wünschten Resultate zu kommen, eines Zusatzes zu dem tatsäch-
lich bestehenden Wortlaut des $ 6 bedarf, woraus zu folgern ist,
daß eben ohne diesen Zusatz der Wortlaut des $ 6 zur Stützung
der gegnerischen Ansicht nicht genügt. Es ist übrigens darauf
hinzuweisen, daß die in so viel Reichsgesetzen enthaltene Formel,
wonach landesrechtliche Vorschriften unberührt bleiben, immer
nur die Bedeutung haben, daß Landesrecht, soweit es besteht in
Kraft bleiben soll (ev. daß auch neues Landesrecht auf diesem
‚ Vorbehaltsgebiete“ geschaffen werden kann. Vgl. Artikel 218
EGBGB.)
Niemals aber hat die Formel, daß Landesrecht unberührt bleiben
soll, die Bedeutung, daß die Geltung dieses Landesrechts in örtlicher
und sachlicher Beziehung erweitert wird. Freilich kennt die
Reichsgesetzgebung auch Fälle, in denen sie das Landesrecht nicht
allein in seinen Landesgrenzen konservieren will, sondern auch dem
konservierten Landesrecht Geltung für das ganze Deutsche Reich
gibt. Dann aber hat sie eine andere Formulierung gewählt, sie
sagt dann nicht, daß landesrechtliche Vorschriften unberührt bleiben,
sondern formuliert etwa so, daß das betrefiende Reichsgesetz nur
soweit Anwendung findet, als das Landesrecht keine weichende
Bestimmung erhält. In dieser Weise ist zum Beispiel die straf-
prozessuale Privilegierung der landesherrischen Familienmitglieder
aufrecht erhalten, die bei dieser Formulierung allerdings für das
ganze Reich gilt $4 EGStPO.; KrIES: Lehrbuch des Strafprozeß-
rechts S, 88.
Man kann gegenüber diesen Erwägungen auch nicht die Ein-
wendung erheben, daß auch in sonstigen Fällen das Landesrecht
eines Bundesstaates von dem anderen angewandt wird, trotzdem
auch hier das Reichsrecht lediglich verordnet, daß die landes-
rechtlichen Vorschriften unberührt bleiben. Wenn zum Beispiel
ein Dienstbote seine Herrschaft, die zur Zeit des Dienstverhält-
nisses in Preußen wohnte, nach Auflösung desselben jedoch nach
Bayern verzogen ist, aus dem Dienstverhältnis verklagt, so hat