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auf die gegen derartige Darstellungen bestehenden Bedingungen‘
die Ortspolizeibehörden angewiesen, fortan etwaige Gesuche um
die Bewilligung zur kinematographischen Vorführung der Passions-
geschichte abschlägig zu bescheiden.
Fragen wir uns zunächst, ob die Filmzensur und insbesondere
diejenige Regelung, welche sie durch die erwähnten Ministerial-
erlasse erhalten hat, rechtsgültig ist.
Daß der Filmzensur in Bayern, wie auch in anderen Bundes-
staaten reichsrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen, daß
insbesondere die Filmzensur weder durch den Grundsatz der Ge-
werbefreiheit noch auch durch den Grundsatz der Preßfreiheit
ausgeschlossen wird, kann man heute als fast allgemein aner-
kannt bezeichnen®. Auch kann das von dem badischen Verwal-
tungsgerichtshof für das badische Recht anerkannte’, von dem
Kammergericht und dem Öberverwaltungsgericht, sowie der herr-
schenden Meinung in der Literatur für das preußische Reclıt
zwar nicht anerkannte '" aber doch von mehreren Autoren von
Ruf'' auch bezüglich des preußischen Rechts geltend gemachte
Bedenken für Bayern nicht auftauchen, daß zwar eine polizei-
liche Kontrolle der Vorführungen bezüglich ihres Inhalts zulässig
sei, daß es aber nicht angängig sei, ein Polizeiverbot mit Er-
laubnisvorbehalt zu erlassen, also die Erlaubnis zu öffentlichen
kinematographischen Vorführungen davon abhängig zu machen.
daß die betreffenden Filme vorher polizeilich geprüft und ge-
s HELLwıG, „Die Kinematographenzensur* („Annalen des Deutschen
Reichs“ 1910 S. 32 #., 96 ff., 893 ff.); WERTH, „Oeffentliches Kinemato;ra-
phenrecht* (Erlanger Diss. 1910); MÜLLER-SANDERS, „Die Kinematographen-
zensur in Preußen* (Heidelberger Diss. 1912).
® Urteil vom 7. November 1911 („Zeitschrift für Badische Verwaltung‘
1912 S. 46).
w HrunwiG, „Die Kinematographenzensur* S. 39,
11 Orrt. „Deutsches Theaterrecht* (Berlin 1879) S. 131; v. Bag, „Recht-
mäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Theaterzensur“ (Deutsche Juristenzei-
tung“ Bd. 8 S. 208).