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sie dann bei ıhrer Ansicht, so kann er das Urteil aussetzen, die
Jury entlassen, und die Strafsache vor ein neues Geschworenen-
gericht bringen. Er kann die Geschworenen auch nach den Grün-
den für ihren Wahrspruch befragen und Mißverständnisse, die
bei Gelegenheit der Rechtsbelehrung vorgekommen sind, aufklären.
Die Geschworenen können auch selbst Gründe für ihren Wahr-
spruch angeben.
Eine formelle Fragenstellung an die Geschworenen, wie sie
im französisch-deutschen Verfahren üblich ist, gibt es in England
nicht. Die einzige Frage, die ihnen vorgelegt, aber nicht be-
sonders formuliert wird, lautet dabin, ob der Angeklagte schuldig
ist, das in der Anklageschrift bezeichnete Delikt verübt zu haben.
Auf diese Frage antworten die Geschworenen, indem sie den An-
geklagten für schuldig oder nichtschuldig erklären. In den mei-
sten Fällen ist die Beratung der Geschworenen recht summarisch.
Sie verlassen nicht erst den Sitzungssaal, sondern stecken einfach
die Köpfe zusammen, flüstern wenige Minuten miteinander und
rufen alsdann den Namen desjenigen Deliktes aus, dessen sie den
Angeklagten für schuldig erachten, zum Beispiel Mord, Totschlag !
Nur wenn die Geschworenen sich etwa innerhalb fünf Minuten
nicht einigen, begeben sie sich in das Beratungszimmer und sind
von nun an abgeschlossen von der Außenwelt bis zum Zustande-
kommen des Wahrspruches. Zum Wahrspruche der englischen
Geschworenen ist Einstimmigkeit erforderlich. Können die Ge-
schworenen sich nicht einigen, so werden sie vom Richter ent-
lassen, und es wird später eine neue Jury gebildet. In früheren
Zeiten hatte der Richter das Recht, die Geschworenen ohne
Speise, Feuer, Trank und Licht so lange gefangen zu halten, bis
sie ihren Wahrspruch gefunden hatten. War dies bis zum
Schlusse der Sitzungsperiode in einer Stadt nicht der Fall, su
konnte er sie an seinen Wagen gefesselt nach der nächsten Assi-
senstadt mitnehmen und dort weiter einsperren. Dauert jetzt ihre
Beratung länger als eine Viertelstunde, so nimmt der Richter