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kannt, indem er mit SARIPOLOS der politischen Repräsentation rechtlichen
Charakter abspricht, gleichgültig, auf welche Art die Repräsentanten be-
stellt werden. JELLINEK wird vorgeworfen, daß er mit seinen apodiktischen
Behauptungen und Erörterungen in ein Gebiet sich begebe, das außerhalb
der Sphäre rechtlicher Gedankengänge liegt. Die Annahme, daß bei der
politischen Wahl das Volk nicht nur einfaches Kreationsorgan sei, weil die
Beziehung von Organ zu Organ in diesem Falle eine bleibende, und zwar
rechtliche werde, bedeutet die Formulierung einer offenbaren Tautologie.
Die parlamentarische Repräsentation war früher wirklich eine Vertretung
im rechtlichen Sinne, aber das moderne Recht hat durch ausdrückliche
Bestimmungen diesen Charakter beseitigt. Politisch ist gewiß das Parlu-
ment eine repräsentative Institution, aber man darf diese Konstatierung
nicht einfach ins juristische Gebiet hinübernehmen. Der paradoxe Satz
von SEIDLER, daß das Haupterfordernis des repräsentativen Systems darin
bestehe, daß die Deputierten keine Repräsentanten seien, erscheint vom
jJuristisch-technischen Standpunkt aus durchaus annehmbar.
Es bleibt dem Verf. nun nur noch übrig, auf Grund der angenommenen
Kriterien die spezifische Rechtsnatur des Wahlrechts zu bestimmen. Man
kann das Walılrecht auffassen entweder als eine Berechtigung des Wählers.
seinen eigenen Willen mit rechtlicher Wirkung zu äußern, oder man sieht
im Wähler nur ein Instrument, das mit andern konkurriert in der Bildung
eines bestimmten Willens, der von Zwecken bestimmt wird, die eich um
ein anderes Zentrum gruppieren (Wahlrecht und Wahlfunktion).
Allein beide Rechtsfiguren sind stark voneinander verschieden trotz allem
Gemeinsamem. Sıorro-PınTor kommt zum Ergebnis, daß das Wahlrecht
seiner Substanz noch heute wie von Anfang an ein wirkliches Recht ist
und nicht eine Funktion. Er schließt sich MEYER an, der erklärt, daß Jer
Wähler nicht die Befugnis habe, zu wählen, weil er das Recht auf Aner-
kennung derselben habe, sondern daß er anerkannt werden müsse, weil er
das Recht zu wählen besitze. JELLINEK gibt dies übrigens selbst einmal
zu, wenn er sagt, daß die Ausübung des Wahlrechts als solchen vor stant-
lichen Pflichten weichen müsse, sofern nichts Gegenteiliges bestimmt sei.
Auch sein Begriff des subjektiven Rechts widerspricht seiner Auffassung
des Wahlrechts. Neben diesem Recht des Wählers, mit bestimmter recht-
licher Wirkung seinen individuellen Willen zu äußern, kommt in Betracht
das Resultat der Wahl, in welchem die individuelle Willensäußerung des
Wählers zusammen mit vielen andern verschwindet, was als Funktion be-
zeichnet werden kann, sowohl hinsichtlich des Staates als des einzelnen.
Nachdem der Verf. so die hauptsächlichsten Theorien in bezug auf
Wahlrecht und Repräsentation beleuchtet hat, bespricht er in einem letzten
kürzeren Abschnitt die Grundlage einer Wahlreform: Woraus sind die be-
hindelten Probleme entstanden ; welche unter den vorgeschlagenen Lösun-
gen ent»pricht aın besten den Verhältnissen und wird von den maßgebenden