Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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bezirk des Reiches“ in Gegensatz zu der — allerdings gar nicht existieren- 
den — „Reichsprovinz“, eine an sich einfache, vernünftige und zweck- 
mäßige Lösung der Frage, die aber doch nicht endgültig und in allem be- 
friedigen kann, wie wir noch weiter unten sehen werden. Vom privat- 
rechtlichen ‚Standpunkte aus könnte man einen Vergleich dahin ziehen, daß 
die „elsaß-lothringische Regierung“ nicht wie die Regierungen der Einzel- 
staaten, Gesellschafterbefugnisse, sondern nur eine von der Reichsregierung 
abgeleitete „Prokura“ besitzt, die sie allerdings zu einem sehr weitgehen- 
den selbständigen Handeln ermächtigt. Die elsaß-lothringische Verfassung 
kann, wie die Prokura widerrufen werden. Bei Ausübung des Stimmrechts 
durch die elsaß-lothringischen Bundesratsbevollmächtigten handelt die el- 
saß-lothringische Regierung wie ein, zusammen mit einem oder mehreren 
Gesellschaftern, zur Vertretung der Gesellschaft befugter Prokurist, usw. 
Mit einem solchen Vergleich würde sich auch die Auffassung des Verf. 
decken, daß ein besonderes elsaß-lothringisches Landesvermögen nicht 
existiert. Tatsächlich liegt die Sache aber doch ganz anders; Elsaß-Loth- 
ringen besitzt eigenes Vermögen, der reichsländische Fiskus ist nicht etwa 
bloß eine statio fisci des Reiches. Das Reich hat mit Elsaß-Lothringen 
schon Kaufgeschäfte abgeschlossen; ferner hat das Reichsland eigene von 
denen des Reiches getrennte Schulden und eine getrennte Schuldenver- 
waltung. Niemals wird es dem Reich einfallen, elsaß-lothringische Landes- 
schulden zu bezahlen, oder umgekehrt, Elsaß-Lothringen, Schuldverschrei- 
bungen des Reiches einzulösen. Elsaß-Lothringen ist aber weiter nicht 
bloß eine privatrechtliche, sondern eine öffentlich-rechtliche ju- 
ristische Person. Das letztere folgt schon daraus, daß es mit Auto- 
nomie begabt, daß ihm die Gesetzgebungsgewalt des Reiches delegiert ist. 
Einer privatrechtlichen juristischen Person könnte die Gesetzgebungsgewalt 
nicht delegiert werden. 
Im übrigen kann den v. WESENDoNKschen Ausführungen in vielen 
Punkten beigetreten werden. Dem Reichslandcharakter besonders eigen- 
tümlich ist der Umstand, daß die gesetzgebenden Faktoren nicht bloß Lan- 
desfaktoren sind. So werden die Mitglieder der ersten Kanımer zum Teil 
auf Vorschlag des Bundesrats durch den Kaiser ernannt. Ferner steht 
dem Kaiser die Sanktion der Gesetze zu. Dem Kaiser steht weiterhin die 
Ernennung des an der Spitze der Landesregierung stehenden Statthalters zu. 
Die zweite Kammer hat allerdings ganz den Charakter der Landtage 
der deutschen Einzelstaaten, wenn sie auch mit dem Widerruf des Ver- 
fassungsgesetzes jederzeit in Wegfall kommen kann. Nicht zutreffend er- 
scheint es mir aber, wenn W. von dem els.-lothr. Landtag als einem „Son- 
derreichstag® spricht. Schon seine ganze Zusammensetzung widerspricht 
einem solchen Vergleich; konsequenterweise hätte W. von einem „Reichs- 
landstag* sprechen müssen. Richtige Folgerungen seiner Theorie sind es 
dagegen wieder, wenn der Verf. die Existenz einer besonderen elsaß-
	        
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