Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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durch den König, die Radifizierung auf die Grafschaft und die Property 
Qualification sind charakteristische Rechtsbildungen des ständischen Staat 
tes; insbesondere die Radifizierung des Amtes, von der Rudimente noch 
heute vorhanden sind, gehörte zu denjenigen Rechtseinrichtungen, die die 
Stände überall, wo sie zur Macht kamen, als ein wichtiges Mittel zur Si- 
cherung ibres Einflusses sich versprechen ließen. Diesem alten Element der 
Lokalverwaltung stehen gegenüber die modernen, durch die Reformen seit 
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffenen: der auf dem Prinzip 
der Einwohnergemeinde beruhende Municipal Borrough, die die Kommu- 
nalisierung der Grafschaftsverwaltung darstellende Administrative County, 
der Urban und Rural District und die Parish, die alle eine Annäherung 
der englischen Verwaltungsurganisation an die unsrige bedeuten, während 
nur noch in der Poor Law Union eine Sonderverwaltung organisiert ist, in 
deren Existenz ich doch auch mit Hinblick auf die mancherlei Zweckver- 
bände unseres Rechts keinen allzugroßen prinzipiellen Gegensatz zu diesem 
sehen möchte. Aber viel wichtiger als alles dieses ist für den Zweck der 
Abhandlung die Frage des Verhältnisses der modernen Zentralverwaltung 
zur Lokalverwaltung. Hier ist zunächst von größter Bedeutung das Local 
Gouvernment Board mit seinen zahlreichen und differenzierten Aufsichts- 
und Eingriffsbefugnissen gegenüber der Lokalverwaltung, die sich aus sei- 
nen anfangs allein gegenüber der Armenverwaltung gegebenen Befugnissen 
entwickelt haben. Hier wäre nun gerade vom konkreten Standpunkte der 
Arbeit aus ein klareres Auseinanderhalten der verschiedenen rechtlichen 
Befugnisse wünschenswert gewesen, das durch bestimmtere Verwendung 
der von unserer Wissenschaft herausgearbeiteten Begriffe leicht zu erreichen 
gewesen wäre. Von einer „Kontrolle“ des L. G. B. gegenüber der Lokal- 
verwaltung wäre besser überhaupt nicht gesprochen worden, da eine 
Kontrolle nur zwischen gleichgeordneten Instanzen denkbar ist und. wie 
Verf. selbst sagt, die Bezeichnung von Zentral- und Lokalverwaltung als 
gleichberechtigt, nur eine Fiktion ist. Die „Ueberwachung“, welchen Aus- 
druck Verf. auch, anscheinend gleichbedeutend mit „Kontrolle* gebraucht, 
seitens höhergeordneter öffentlicher Organe gegenüber niedergeordneten — 
und darum handelt es sich doch de facto und de iure — nennen wir „Auf- 
sicht“. Das Aufsichterecht hat sein Wesen darin, daß es ein Einwirken auf 
die Tätigkeit der unteren Instanz ermöglicht, nicht aber an sich ein selbst- 
tätiges obrigkeitliches Eingreifen unmittelbar in das Zuständigkeitsgebiet 
jener. Letzteres würde eine Handlung unmittelbarer Verwaltung bedeuten. 
Rechtlich und praktisch sind doch diese Gegensätze von großer Tragweite. 
Es stört deshalb z. B. sehr den klaren Ueberblick über die Rechtslage, 
wenn Verf. im Gegensatz zur indirekten Kontrolle als „direkte Kontrollge- 
walt* des L. G.B. bezeichnet 1. seine Verordnungs-, 2. seine Bestütigungs- 
eewalt. Letztere ist zweifellos ein reiner Ausfluß des Aufsichtsrechts, erstere, 
je nachdem ob es sich a) um Verwaltungs- oder b) um Rechtsverordnungen
	        
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