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sonable — wie wir sagen würden: wegen Uebermaßes — ist daher rechtswidrig
das ganz allgemeineVerbot, ohne besondere Genehmigung in irgendeinerWeise
irgend ein Musikinstrument zu spielen oder zu singen, vorzulesen und Reden
zu halten; desgleichen das allgemeine Verbot, im Umkreise von 50 Fuß eines
Wohnhauses Schweine zu halten. Vor allem aber kennt das englische
Recht auch die Beschränkung des polizeilichen Handelns durch die eigen-
tümlichen polizeilichen Zwecke. Das zeigt sich zunächst schon in dem Be-
griff der nuisance, wobei wir freilich die private nuisance, soweit sie auch
materiell nach unseren Auffassungen nur ein privatrechtliches Deliktsver-
hältnis darstellt, auszuschalten haben würden. Der Begriff der nuisance.
insbesondere der public nuisance, läßt in den Ausführungen der englischen
Jurisprudenz, obwohl diese sich immer dagegen verwahrt, ihn definieren
zu können und zu sollen, doch ganz deutlich denselben wesentlichen In-
halt erkennen, wie der der Polizeiwidrigkeit oder der Störung der öffent-
lichen Ordnung in unserem Recht. So wird als nuisance bezeichnet „an
offence against the public either by doing a thing which tends to the an-
noyance of all the king's subjects or by neglecting to do anything which
the common good requires“. Im einzelnen werden dann als die wichtigsten
nuisances aufgezählt: Verkehrsstörungen auf öffentlichen Straßen, sei es
durch Handlungen oder durch Unterlassungen der zur Unterhaltung der
Straßen verpflichteten; Verkehrsstörungen; Ablenkung oder Verunreinigung
des Wassers in Wasserstraßen; Verunreinigungen der Luft und Erregung
von gesundheitsgefährdendem Lärm; Gefährdung des Lebens durch Lagern
und Gebrauch entzündbarer und explosibler Stoffe, das Ausstellen mit an-
steckenden Krankheiten behafteter Personen auf öffentlichen Plätzen; Hand-
lungen, die geeignet sind, die öffentliche Sittlichkeit zu schädigen, un-
schickliche Darstellungen, Halten liederlicher Häuser u. dergl. mehr. Das
sind alles Dinge, deren Bekämpfung bei uns auch zu den wesentlichen
Aufgaben der Polizei gehört. Da aber die nuisance die Grundlage alles
polizeilichen Handelns ist, so ist diesem damit auch die Richtung gegeben.
dieselbe eigentümliche Richtung, die auch bei uns die Grenzen der Polizei-
gewalt bestimmt. Ein Blick auf die Beispiele, die die Rechtsübung liefert,
bestätigt dies. Die Auferlegung einer neuen Gebühr für den Beginn einer
neuen Konzessionsperiode wird als unreasonable angesehen: die Verfolgung
tiskalischer Interessen gehört eben nicht zu den polizeilichen Zwecken.
Das polizeiliche Verbot für jedermann, der nicht Mitglied der Armee ist,
an den Sonntagen auf städtischen Straßen Musikinstrumente zu spielen, liegt
im wohlverstandenen Interesse der Militärmusik, aber obwohl diese eine
staatliche Einrichtung ist, gehört ihr Schutz nicht zu den polizeilichen
Zwecken, es liegt, wie wir sagen würden, eine Ueberschreitung des „Amtes
der Polizei“ vor, ein detournement de pouvoir, wie das französische Recht
esnennen würde, die Anordnung ist „unreasonable*, wie die Engländer sagen.
Die rechtliche Bewertung des Zweckes des polizeilichen Handelns ist es ja