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eigentliche Staatsrecht, die Grundzüge des Verwaltungsrechts, die Organi-
sation der äußeren, inneren und Justizverwaltung nebst den gesetzlichen
Prinzipien der Rechtspflege. Die Darstellung dieses, die Wesenszüge der
modernen konstitutionellen Monarchie tragenden, Öffentlichen Rechts ist zu
besonderer Anschaulichkeit für den nichtdänischen Leser dadurch gediehen,
daß die von dem Normaltypus abweichenden Eigenarten — wenngleich die
Verf. dem Zwecke des Werkes entsprechend ausdrückliche Hinweise auf sie
vermieden haben — doch überall klar hervortreten.
Die Darstellung ist in sechs Abschnitte gegliedert, von denen der erste
die „Staatsgrundlagen“ in fünf Kapiteln: Verfassungsgeschichte, Staatsge-
biet, Staatsangehörige, Verfassung und Grenzen der Staatsgewalt behandelt.
Interessante, auf den inner- und außerpolitischen Verhältnissen, der Ge-
schichte und geographischen Lage des Königreichs beruhende, Eigentüm-
lichkeiten bietet hier besonders das Kapitel über die Staatsangehörigkeit.
Dahin gehört — außer der, mancherlei, hier nicht näher zu erörternde,
juristische Schwierigkeiten enthaltenden Frage des Optantenrechtes — die
in der dänischen Staaterechtslehre ausgeprägte Zweiteilung des Staatsbürger-
begriffes in den des eingeborenen und des eingewanderten Staatsbürgeres.
Das merkwürdige an der dänischen Auffassung von den neben den einge-
borenen Staatsbürgern stehenden eingewanderten Staatsbürgern ist das,
daß es sich dabei nur um den politisch zugespitzten Ausdruck für einen
systematisch ganz anderen Rechtsgedanken handelt, nämlich im wesent-
lichen nur den Rechtsschutz im Inlande seßhaft gewordener Ausländer
gegen willkürliche administrative Ausweisung: die Stellung des eingewan-
derten Staatsbürgers bedeutet nichts anderes, als daß er nach zweijährigem
Aufenthalt im Inland (vielfach völkerrechtlich gegen Auslieferung, schlech-
terdings aber) staatsrechtlich zwar nicht gegen die Ausweisung auf Grund
eines Strafurteils, wohl aber gegen die sonst von dem Justizminister aus
polizeilichen oder politischen Gründen anzuordnende Ausweisung geschützt
ist. Die Formulierung dieses Schutzes als „Stautsbürger“-Recht beweist nur,
welche Bedeutung man ihm zumißt. Denn materiell ist der Inhalt des
den Ausländern gegen administrative Ausweisung gewährten Rechtsschutzes,
— den in den bedeutenderen europäischen Kulturstaaten nur das franzd-
sische und deutsche Recht als quantit& negligeable behandeln — nicht
wesentlich anders als in manchen anderen Staaten. — In dem Kapitel von
den Grenzen der Staatsgewalt fällt zunächst die prinzipielle, an die fran-
zösische Staatsrechtslehre erinnernde Auffassung der in der Verfassung
garantierten Freiheitsrechte (denn nur um diese handelt es sich) als „Gren-
zen der Staatsgewalt“ auf, eine Auffassung, die, so sehr sie als eine Unter-
streichung der politischen Bedeutung der Grundrechte für das praktische
Rechtaleben eine psychologische Einwirkungskraft ausüben mag, doch juri-
stisch vor der von der deutschen Wissenschaft herausgearbeiteten Erkennt-
nis von der formalen rechtlichen Allmacht des Staates nicht standhalten
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