Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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wir gleich ein Beispiel hierfür zu erwähnen haben — erscheinen und gelten 
lassen. Da& mit dem Art. 78 in der von mir begründeten Auslegung allerdings 
demGroßherzog sehr weitgehende Befugnisse, deren genauere Ausmessung nicht 
hierhergehört, gegeben oder richtiger belassen wurden, kann im rechtlichen 
und politischen geschichtlichen Zusammenhange durchaus nicht befremdend 
erscheinen. Jedenfalls kann an diesem mit den Mitteln staatsrechtlicher 
Erkenntnis gewonnenen Resultate dadurch nichts geändert werden, daß es 
vielleicht den Bedürfnissen moderner politischer Gerechtigkeit (die übri- 
gens, wie VAN CALKER selbst hervorhebt, durch eine die Bedeutung der 
allgemeinen Bestimmung fast ganz aufhebende spezialgesetzliche Re- 
gelung inzwischen weitgehend befriedigt sind) nicht entspricht. Weiter 
kann aber auch an diesem Resultat nichts verschoben werden durch Ver- 
wendung des Gedankens eines konstitutionellen Uebergangsrechts im Sinne 
THOMAs, wie VAN CALKER glaubt. Denn jene sehr bedeutungsvolle Theorie 
TaomAs will nur dem Geiste der Verfassung widersprechende vorkonsti- 
tutionelle Kompetenzen „auch ohne formellgesetzliche Rechtsgrundlage* 
bis zur verfassungsmäßigen Regelung der Materie weiterbestehen lassen. 
während es sich hier gerade um eine Kompetenz des Landesherrn handelt. 
die ausdrücklich in der Verfassung anerkannt ist. Aber freilich hängt diese 
m. E. vollständig verfehlte Konstruktion VAN CALKERs damit zusammen, 
daß er glaubt, der Inhalt des „Aufsichterechtes* habe erst durch spätere 
Gienetze festgestellt werden können und sollen, eine Annahme, die ange- 
sichts der feststehenden Bedeutung jenes Begriffes im Staatsrecht der Ent- 
stehungszeit der hessischen Verfassung ganz unhaltbar erscheint. So gehen 
alle Schwierigkeiten, die dem Verf. die Auslegung des Art. 73 macht, zu- 
rück lediglich auf eine unhistorische Betrachtungsweise. Der Hinweis auf 
diese methodologische Seite der Frage rechtfertigt allein das lange Ver- 
weilen bei ihr. Denn einmal zeigt sie, daß eine wissenschaftlich weit aus- 
holende Untersuchung auch für die nur der Praxis dienende Rechtaaus- 
legung nicht immer einen zeitraubenden Umweg bedeutet. Zum andern 
gibt sie dem allgemeinen rechtswissenschaftlichen Interesse ein anschau- 
liches Beispiel für die Bedeutung der Rechtstechnik sowohl in Gesetz- 
gebung wie Auslegung: geschieht der erste gesetzgeberische Ausdruck 
eines neuen Rechtsgedankens — was regelmäßig nicht ganz zu vermeiden 
sein wird — mit begriffstechnischen Hilfsmitteln, die einem überwundenen 
rechtlichen Ideenkomplex entnommen sind, so ist dadurch der Rechtsge- 
danke selbst für die Nachwelt, der jene überwundenen Ideen fremd ge- 
worden sind, der Gefahr der Verdunkelung ausgesetzt, der nur eine histo- 
rische Betrachtungsweise begegnen kann !. Der Zusammenhang mit dem 
! Nur ein anderes Beispiel für dieselbe Erscheinung ist auch die Ge- 
schichte des & 10 II. 17 preuß. ALR., der, weil ganz den Ideengüngen der 
Aufklärung und der Staatsrechtstheorien am Ende des 18. Jahrhunderts
	        
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