Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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einseitig hätte ausschließen können; wenn er endlich „wegen des privat- 
rechtlichen Charakters der Zivillistte“ dem Großherzog eine Klage gegen 
den Staat gab, durch die die Funktion der Landstände aufgehoben werden 
sollte; wenn Verf. ihm in allen diesen Punkten, in Uebereinstimmung übri- 
gens mit REUuM, widerspricht: so zeigt sich darin nicht, wie es zunächst 
scheinen könnte, die Ueberwindung einer politisch beeinflußten Verkennung der 
Rechtsstellung des Monarchen im modernen Staate— denn Cosack gehört nicht 
zu denjenigen, für die (nach einem Worte G. JELLINEKs) das Staatsrecht nicht 
Gegenstand der Erkenntnis, sondern der Gesinnung ist —, sondern nur die 
Ausschaltung rein zivilrechtlicher Auffassungen aus dem öffentlichen Recht. 
Am stärksten zeigt sich das bei der Frage nach der Rechtsnatur der Domänen 
des großherzoglichen Hauses, in der die Ansicht CosAcks theoretisch sehr 
viel für sich hat. Die Verfassung bezeichnet jene Domänen als das „Fami- 
lieneigentum des großherzoglichen Hauses“. Der Streit geht eigentlich 
nur darum, ob damit gemeint sei: des „jeweiligen“ großherzoglichen Hau- 
ses. Die dies annehmende Interpretation VAN CALCKERS ist positivrecht- 
lich jedenfalls nicht aus dem in Rede stehenden besonderen Passus der 
Verfassung zu begründen, sondern ausschließlich aus der Struktur des 
ganzen Komplexes der jene Domünen betreffenden Vorschriften des hessi- 
schen Öffentlichen Rechte. Diese geben aber m. E. einen zwingenden Be- 
weis in keiner Weise, vor allem keine Widerlegung dessen, was der klare 
Wortlaut der Verfassung sagt: „unveräußerliches Familieneigentum‘. Es 
ist zunächst nicht einzusehen, warum „Eigentum* etwas anderes sein sollte, 
als das, was man 1820 allein unter diesem Begriffe kannte: ein zivilrecht- 
liches Eigentum. „Familieneigentum“ aber kann begrifflich gar nicht an- 
ders gedacht werden als das einer bestimmten kamilie, in der es sich 
forterbt. Wenn es von dieser auf eine andere Familie übergehen sollte, 
bedürfte es eines besonderen Rechtsaktes, oder, wenn es ipso jure geschehen 
sollte, einer besonderen gesetzlichen Vorschrift, Das war für die zivilrecht- 
liche Auffassung CosAcks, die mit der für 1820 m. E. allein denkbaren 
übereinstimmt, zweifellos. Und doch entspricht die entgegengesetzte Auf- 
fassung VAN CALKERs dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft, auch 
in deren besonderer Anwendung auf das hessische Recht, ebenso zweifellos, 
wie m. E. diejenige Cosacks den klaren Worten der Verfassung. Es ist 
auch nicht zu leugnen, daß der rechtliche Gehalt der ganz gleichen Be 
etimmungen der kurhessischen Verfassung praktisch die Rechtswirkung aus 
gelöst hat, die die herrschende Meinung für jene der hessen-darmstädtischen 
Verfassung behauptet. Man mag daher die Auslegung van CALKERS für 
die rechtlich, d. h. geltend, richtige halten. Die Jurisprudenz steht deshalb 
innmer noch vor der Lösung der Aufgabe, weshalb der klare Wortlaut der 
Verfassung bedeutungslos sein soll. Und hier wird dann wohl keine andere 
Lösung möglich sein, als die Anerkennung der schlechthin rechtschaffenden 
jedleutung der allgemeinen Rechtsüberzeugung. eine Auffassung, die wissen-
	        
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