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der Richter zu lösen berufen ist, so darf man mit DucviT von einem ob-
jektiven Verwaltungsstreitverfahren sprechen, objektiv im Gegensatz zum
subjektiven beim recours ordinaire, wie wir ihn oben kennen gelernt ha-
ben: Die Wirkung des Urteils im objektiven Verfahren ist dabei absolut:
der Akt ist für jedermann vernichtet, ale nicht geschehen anzusehen. Daß
ein Verwaltungsstreitverfahren für DusuIT nicht bei nackten Verwaltungs-
tätigkeiten, diese im Gegensatz zu actes administratifs in dem von ihm
dargelegten Umfang aufgefaßt, in Betracht kommen kann, ist, da es sich
hier um nackte Handlungen ohne irgendwelchen juristischen Einschlag
handelt, ohne weiteres einleuchtend.
Dusuıt versteht unter dem eigentlichen Verwaltungsstreitverfahren
nur das objektive, das ja in Frankreich im weitesten Umfang zugelassen
ist, und nur gegenüber objektiven Akten des Parlaments, der Kammern.
Gerichte und deren Mitgliedern versagt. Erkennt dies Ducurr als selbst-
verständlich bei letzteren an, so fordert er, auch hier gegen Parlament
und Kammern zu Felde ziehend, die Zulässigkeit eines objektiven Ver-
waltungsstreitverfahrens, das über die Ordnungsmäßigkeit einer Enntschei-
dung einer einzigen Kanımer oder seines Büros zu erkennen hätte. Nicht
angreifbar sind die Akte, die auf den konstitutionellen Beziehungen de:
Präsidenten ® zu den Kammern beruhen (Eröffnung, Berufung der Kam-
mern usw. usw.) sowie die diplomatischen Akte, die die Beziehungen
Frankreichs zum Auslande regeln — Ausnahmen, deren Berechtigung
Duervit nur in dem letzterwähnten Falle anerkennt. Für den deutschen
Leser ist es dabei von ganz besonderem Interesse, daß DusuıT (nicht ohne
dabei Anlehnung in der französischen Rechtxprechung zu finden) aufs
schärfste die „actes de gouvernements“, d. h. unsere Notverordnungen, an-
greift !%, auch für solche die Möglichkeit zur Anfechtung im objektiven
Verwaltungsstreitverfahren aufs nachdrücklichste verlangt — und weiter
aufs schärfste gegen das freie Erinessen zu Felde zieht (S. 265 ff.), das ge-
rade in unserer allerneusten Verwaltungsrechtsliteratur, seiner Bedeu-
tung entsprechend, einen so breiten Raum einnimmt. Daß in Frankreich
auch die Ermessensfrage der Prüfung des Staates unterliegt, ist bekannt.
Sie tritt dort in die Erscheinung in der Untersuchung, ob ein detourne-
ment de pouvoir vorliegt — eine Untersuchung, die selbst nicht vor dem
Präsidenten der Republik Halt zu machen braucht. An einem Mangel
krankt freilich noch das gesamte Verwaltungsrechtsverfahren Frankreichs:
Es gibt kein Mittel zur zwangsweisen Verwirklichung der Urteile:
ihnen fehlt die Sanktion. Und wenn auch in der Mehrzahl der Fälle die
Partei, die Unrecht behielt, der Sentenz gehorcht, so kommen doch auch
Fälle vor, in denen, wie es einmal HAURIOU ausgedrückt: „les administra-
° Dessen Akte ja sonst angreifbar sind.
10 Vgl. die interessanten Ausführungen 8. 199 ft.