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nur Staaten: daß LAmmascH weiter schon in den einleitenden Seiten
nachdrücklichst hervorhebt, daß Sprüche internationaler Schiedesge-
richte mangels abweichender Vereinbarung der Parteien nach Völker-
recht und nicht (wie die innerhalb eines Staates ergehenden) nach
Billigkeit (diese als Gegensatz zu Rechtsnormen aufgefaßt) zu ergehen
haben, verdient besonders hervorgehoben zu werden.
Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, den Inhalt des LAMMAscHschen
Buches in extenso darzustellen. Nur auf die wichtigsten Feststellungen,
die der Verf. trifft und auf die Hauptprobleme, die er erörtert, mag auf-
merksam gemacht werden.
Sehe ich hier von dem 2. Hauptstück, das die Vermittlung und guten
Dienste etwas knapp behandelt, ab°®, so verdient die ausgezeichnete Dar-
stellung der Geschichte der Schiedsgerichte (S. 23—50) ganz besondere
Hervorhebung®. An sie schließt sich der Abschnitt, der wegen der Be-
deutung, die die dort getroffenen Unterscheidungen voraussichtlich bei der
Fortbildung des Verfahrens in völkerrechtlichen Streitigkeiten haben wer-
den, vielleicht als der wichtigste des ganzen Werkes bezeichnet werden
darf, und der die Lehre von den isolierten und institutionellen Schiedsge-
richten zum Gegenstand hat. Handelt es sich hier auch um Begriffe, die
seit dem Erscheinen des schon erwähnten Aufsatzes von LAMMASCH (im
Jahrbuch des öffentlichen Rechtes Bd. V) in der Völkerrechtswissenschaft
wohl ebenso Bürgerrechte erworben haben, wie sie z. B. der terminus
Landesrecht als Gegensatz zu Völkerrecht seit dem Erscheinen jenes be-
rühmten Buches von TRIEPEL besitzt, so mag doch nochmals in aller Kürze
der Unterschied festgestellt werden: Während unter isolierten Schieds-
gerichten solche zu verstehen sind, bei denen bereits ein Rechtsstreit be-
steht, und bei dem diese konkrete Differenz dem Tribunal unterbreitet
wird, haben sich im Falle eines institutionellen Schiedagerichts die
Parteien schon früher gegenseitig verpflichtet, bestimmte Streitigkeiten
5 Vgl. hierzu auch meine „Internationale Schiedsgerichtsbarkeit“
(Berlin, W. Rotschild, 1914), S. 48 ff.
° Es darf vielleicht an dieser Stelle auf die erfreuliche Tatsache auf-
merksam gemacht werden, daß die so lange ziemlich vernachlässigte Ge-
schichte des Völkerrechts, wie die der internationalen Schiedsgerichtsbar-
keit im besonderen, neuestens mehr Beachtung erfährt. Ich nenne hier
nur RAEDER, arbitrage chez les Hellönes, 1912, Ton, „international arbi-
tration amongst the Greeks“, 1913, sowie das vortreffliche Buch des Deut-
schen E. IMBERG, die Stellung der Vereinigten Staaten zur internatio-
nalen Schiedsgerichtsfrage (1914), das zugleich ein erfreulicher Beweis für
die Tatsache liefert, daß man nunmehr auch diesseits des Ozeans völker-
rechtliche Probleme Amerikas in völkerrechtlichen Arbeiten zu behandeln
beginnt.