Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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schiedsgerichtlich auszutragen, so daß die Unterstellung des besonderen 
Falles unter das Schiedsgericht nur die Ausführung jener früher einge- 
gangenen Verpflichtung ist”. Hätte man 1907 bereits diese Unterschei- 
dung gekannt, so wäre vielleicht der terminologische Wirrwarr vermindert 
worden, der damals durch die verschiedentliche Verwendung des Wortes: 
„Kompromiß* entstanden ist, und dessen Nachwehen noch in der neueren 
schiedsgerichtlichen Literatur zu verspüren sind. Und — das hebt 1.. (S. sı 
besonders hervor — es wäre vielleicht auf der 2. Konferenz das Wider- 
streben so mancher kleinerer Staaten gegen das Obligatorium überwunden 
worden, hätte man ihnen, hätten sie sich klar gemacht, daß (im Gegensatz 
zu dem bloß empfohlenen Schiedsgericht, bei dem leicht der mäch- 
tigere Staat dem schwächeren ein Kompromiß oktroyieren wird) bei dem 
institutionellen mit der von Inkrafttreten des Vertrags an bestehenden 
rechtlichen Bindung beider eine völlige Gleichheit der Vertragsgenossen 
besteht. 
Eine wichtige weitere Unterscheidung zwischen institutionellen und 
isolierten Schiedsgerichten ergibt sich bei der Frage. welche Staatendiffe- 
renzen sich zu schiedsgerichtlicher Austragung eignen. Wenn L. hier 
meint (S. 61), der „isolierten“ Schiedsgerichtsbarkeit könne eine allge 
meine begriffliche Schranke überhaupt nicht gezogen werden, so möchte 
ich dasselbe für jede, also auch für die institutionelle Schiedsgerichts- 
barkeit, behaupten. Es ist zweifellos, daß wir faktisch viel häufiger Ange 
legenheiten in einem eigentlichen Kompromiß (also beim isolierten 
Schiedsgericht) als arbitral angesehen finden. So werden z. B. zuweilen 
dort Fragen schiedsgerichtlicher Regelung unterworfen, bei denen die Ehre 
oder bestimmte Interessen eines Staates auf dem Spiel stehen, d. h. Strei- 
tigkeiten, zu deren Aufnahme in einen institutionellen Vertrag der 
Staat vielleicht nimmermehr seine Zustimmung gegeben haben würde. % 
weigert sich bekanntlich das Deutsche Reich — und, bei dem gegenwärti- 
gen Stand der internationalen Ordnung muß man sagen, mit vollstem 
Recht — Verträge ohne die Ehrenklausel abzuschließen, und doch hat e: 
den Casablanca-Fall, bei dem eine Berufung auf die Ehre recht wohl mög- 
lich gewesen wäre, in dankenswerter Weise einem Schiedsgericht im Haag 
überwiesen. Und umgekehrt bestehen ja institutionelle Schiedsgerichtsver- 
träge, die keine einschränkende Klausel enthalten®. 
” Im Einzelfall wird die Ermittlung, ob ein isoliertes oder institutio- 
nelles Schiedsgericht berufen ist, zuweilen auf Schwierigkeiten stoßen. 
Vgl. dazu meine Abhandlung: „Frankreichs Schiedsgerichtsverträgr 
mit der Türkei. Venezuela und Peru* in der Zeitschrift für Völkerrecht. 
Bd. VIII S. 366 #. 
° So, um nur die bekanntesten zu nennen, die Verträge Argentinien- 
Chile (1902), Italien-Dänemark (1905). der Vertrag der zentralamerikani- 
schen Republiken (1907).
	        
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