Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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Wie sich der Uebergang der Herrschaft nicht durch einen 
Rechtsakt,"sondern durch eine einfache Tatsache vollzieht (Art. 53), 
so befindet sich -das besetzte Gebiet auch nicht rechtlich. 
sondern nur tatsächlich in der Gewalt des Siegers (Art. 42). Die 
Herrschaft des siegreichen Staates ist ein reines Besitzverhältnis®°. 
das aber die Quelle wirklicher Rechte ist. 
Die alte Regierungsgewalt ist für den Besetzungsbereich 
außer Wirksamkeit gesetzt und die Ausübung der Staats- 
gewalt steht beim besetzenden Staat. 
„Ausübung“ der Staatsgewalt: das ist der Inhalt des Be- 
setzungsrechts ?®, wie die Voraussetzung für den Effektivcharakter 
der Besetzung °. Aus dieser Wesensbestimmung des Besetzungs- 
rechts als Ausübung der Staatsgewalt ergibt sich ohne weiteres, 
daß die dem Völkerrecht entsprechenden Rechtsgeschäfte, Ver- 
waltungshandlungen und Urteile nach dem Aufhören der Be- 
setzung keineswegs als nichtig behandelt werden dürfen. 
Das Recht zu Anordnungen ist freilich auf die Dauer der 
Besetzung beschränkt, aber die Wirkungen der Anord- 
nungen sind zeitlich unbeschränkt. Hier kann 
man mit einer kleinen Veränderung des bekannten Rechtssatzes 
sagen: tempus regit actum. Dem Antrag von LAMMASCH, dies in 
dem Abkommen auch zum Ausdruck zu bringen, wurde nur des- 
halb nicht entsprochen, weil sich der Satz von selbst ver- 
stehe. 
4. Als die Entwickelung des Völkerrechts an dem entscheiden- 
den Punkt angelangt war, daß der Sieger nicht mehr als un- 
beschränkter Herr im Feindesland auftreten durfte, begann der 
Zivil- und Strafgesetze durch die Besetzung außer Kraft treten und forderten 
für die fortdauernde Geltung einen Erlaß des Oberstkommandierenden. 
25 Allerdings nicht privat- sondern öÖffentlich- und zwar völkerrecht- 
liches Besitzverhältnis. 
2° ALBERT ZORN, Das Kriegsrecht zu Lande, S. 218. 
# Vgl. oben $. 358.
	        
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