Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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Generalgouvernement entgegen bringen, wird es abhängen, ob die neue 
Verwaltung Euch und Eurem Lande zum Segen gereiche ®, 
Das moderne Völkerrecht hat dafür gesorgt, daß die Be- 
völkerung durch die Suspension der gesetzmäßigen Herrschaft 
weder der Anarchie verfällt, noch der Willkür des Siegers preis- 
gegeben ist. Durch die Besetzung entsteht eine eigenartige Rechts- 
gemeinschaft oder ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen dem 
besetzenden Staat und der Bevölkerung, das auch für die letztere 
von Vorteil ist und für beide Teile Rechtspflichten erzeugt, für 
den ersteren die Schutz- und für den letzteren die Gehorsamspflicht, 
die man dem ausübenden Organ der gesetzmäßigen Herrschaft 
schuldet. Es ist das nicht die Gehorsamspflicht des Untertanen 
segenüber dem legitimen Herrscher, weshalb der Art. 45 auch die 
Erzwingung des Treueides verbietet ?”, wohl aber ein Gehorsam im 
Rahmen der völkerrechtlichen Verwaltungshoheit °®, ein durch das 
® G. u. VBl, f. die okkupierten Gebiete Belgiens 1914, N. 1, 8. Lf. 
Eine ähnliche Proklamation hatte am 80. August 1870 der General- 
gouverneur im Elsaß Graf von BisMmAarck-BoHLEN erlassen. Auch hier 
heißt es unter anderem, es solle „die regelmäßige Ordnung der Dinge 
wieder hergestellt und die unterbrochene Administration in allen ihren 
‘Zweigen wieder aufgenommen werden‘. Weiter führt der Erlaß aus: 
„Die Religion der Einwohner, die Institutionen und Gebräuche des Landes, 
die Sicherheit der Person und des Eigentums werden sich des kräftigsten 
Schutzes erfreuen, und es soll alles geschehen, um der Bevölkerung die 
schweren aber unvermeidlichen Lasten des Krieges zu erleichtern. Dieses 
Ziel wird jedoch nur erreicht werden können, wenn die Einwohner in ihrem 
eigenen Interesse der neuen Regierung mit Vertrauen entgegenkommen, 
wenn sie dieselbe in ihren Bemühungen unterstützen, wenn sie sich allen 
Maß®eln unterwerfen, welche das Gouvernement zu erlassen für gut 
finden wird, und zu deren Befolgung es den strengsten Gehorsam unnach- 
sichtig in Anspruch nehmen wird.“ 
9” ALBERT ZORN ($. 285 f.) nennt das eine „veraltete und überflüssige* 
Bestimmung, „da ein derartiger Fall heutzutage nicht mehr praktisch wer- 
den wird*, 
5 Manuel von Oxford Art. 4 Abs. 2. „Les habitants d’un territoire 
occup6 qui ne ge soumettent aux ordres de l’occupant peuvent y ötre con- 
trainte. 
Archiv des öffentliehen Rechte. XXXTII. 8/4. 24
	        
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