Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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digkeit gefordert sein müsse“. Aber die Austibung der Staats- 
gewalt soll doch nicht bloß der Kriegsführung, sondern auch dem 
Volkswohl dienen. Nicht nur die militärische Notwendigkeit, son- 
dern jeder im Krieg hervorgetretene Notstand muß zur Aende- 
rung der Gesetzgebung berechtigen. Man denke doch nur an die 
Notwendigkeit eines Moratoriums oder einer Moratoriumsverlän- 
gerung im Interesse der Bevölkerung des Besetzungsgebiets. Die 
Brüsseler Deklaration hatte das berücksichtigt, indem der Art. 3 
dem Besetzenden die Aufrechterhaltung der Gesetze zur Pflicht 
machte mit dem viel allgemeineren Zusatz: 
„et ne les modifiera, ne les suspendra ni ne les remplacera 
que silyanecessite“ 
BEERNAERT hörte aber aus den Schranken des Art. 3 nur die 
Worte heraus: der Besetzende kann nötigenfalls die 
Gesetze ändern und strebte daher, unterstützt von den 
Vertretern der Schweiz und Luxemburgs 1899 in erster Linie die 
Streichung des ganzen Artikels an. Auf dasselbe Ziel und mit 
größerem Nachdruck steuerte der dänische Bevollmächtigte VON 
BILDT los, als er — allerdings lediglich in der Absicht zu ver- 
mitteln — die Unterdrückung des ganzen vorerwähnten Zusatzes 
beantragte. Der deutsche Bevollmächtigte aber erklärte, eine Be- 
stimmung, die es dem Sieger unter allen Umständen verbiete 
auch nur das geringste an dem gesetzlichen Stand der Dinge zu 
ändern, sei einfach unmöglich; da müßte der Sieger ja sogar die 
alten Aushebungsverordnungen beobachten. 
Schließlich ** einigte man sich dann in Gemäßheit eines An- 
. 45 Die Proklamation des Generalgouverneurs Graf v. BISMARCK-BOHLEN 
v. 80. August 1870 hatte die Wendung: „Soweit die kriegerischen 
Operationen es gestatten, wird das Gesetz des Landes in Kraft 
bleiben.“ Die herrschende Meinung, der sich 1899 auch RoLIn anschloß, läßt 
nur die militärische Notwendigkeit als Rechtstitel für die Gesetzgebungs- 
gewalt des Besetzenden gelten. Vgl. BAUMBERGER, Occupatio bellica 8. 79 
und die dort Zitierten. 
# Der schweizerische Bevollmächtigte ODIER hatte vorher folgende 
Fassung beantragt:
	        
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