Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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trags des französischen Bevollmächtigten BIHOURD einstimmig 
auf die jetzige Fassung (Art. 43), wonach der Besetzende die 
Staatsgewalt auszuüben hat: 
„en respectant, sauf empöchement absolu., les lois 
en vigueur dans le pays.“ 
Damit ist die Beschränkung der Gesetzgebung des Besetzenden 
in denkbar schärfster Form auf das Allernot wendigste ausge- 
sprochen. Nur wenn der Besetzende bei der Durchführung der 
Ordnung im alten Gesetz ein zwingendes Hindernis 
findet, ist er berechtigt, dieses Gesetz aufzuheben und zu ändern. 
Freilich das Urteil darüber, ob der Fall der Notwendigkeit 
eingetreten ist, steht, wie auch V. MARTENS auf der ersten Haager 
Friedenskonferenz feststellte, dem Besetzenden selbst zu und unter- 
liegt keiner rechtlichen Nachprüfung “. 
Der Art. 43 handelt nur von den „lois“ („Gesetzen“), weil 
hier die Zuständigkeitsfrage Anlaß zu Zweifeln gab und eine 
Einschränkung besonders erwünscht erschien. Für die Verord- 
nungen liegt die Sache anders. Diese schneiden nicht so tief 
„Il ne pourra en suspendre l’execution que dans la mesure et pour le 
temps ou cela sera necessaire en vue du maintien de l’ordre*. 
Auf den Widerspruch von vV. SCHWARZHOFF wurde jedoch von dieser 
Fassung abgesehen; dasselbe Schicksal hatte ein Antrag von RoLm. 
# Die Russen hielten es schon für notwendig, nach der Einnahme von 
Lemberg Galizien die Segnungen des moskowitischen Christentums zuteil 
werden zu lassen und schickten deshalb Anfang Oktober den Metropoliten 
EvLocıus nach Lemberg, damit er dort den orthodoxen Glauben als Staats- 
religion proklamiere. Sogar völlige Unterdrückung der griechisch-unierten 
Kirche wurde von der „Nowoje Wremja“ mit nackten Worten gefordert. 
Das ist die „Freiheit“, welche der russische Generalissimus NicoLAJ NIco- 
LAJEWITSOH im Namen Rußlands den Völkern Oesterreichs versprach: 
eine glatte Beiseitesetzung des Art. 46, welcher die Achtung der religiösen 
Ueberzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen im Besetzungsgebiet 
verlangt. Der Protest, den deshalb die österreichische parlamentarische 
Vertretung der Ukrainer an die ganze Kulturwelt richtete, war daher be- 
greiflich und nur zu sehr begründet. Es sei noch erwähnt, daß auch die 
Kurie beim russischen Gesandten am Vatikan über die religiöse Ver- 
gewaltigung der Ruthenen in Galizien Beschwerde geführt hat.
	        
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