— 375 —
ein in die Wesensbedingungen eines Staatsgebietes, so daß eine
ordnungsmäßige Vorkehrung unnötig erschien “. Hier entscheidet
einfach das Verwaltungsermessen des Besetzenden, der ohne ein
Bedürfnis aber wohl auch hier keine Aenderungen vornehmen
wird.
Der Art. 43 erwähnt die Notwendigkeitsschranke aus-
drücklich nur für das Gebiet der öffentlichen Ordnung und des
öffentlichen Lebens, man wird sagen können: für den Bereich
der allgemeinen oder Volksinteressen. Nachdem aber, wie bereits
betont wurde, durch den Art. 43 der Umfang der gesetzgebe-
rischen Zuständigkeit nicht eingeengt werden will, erhält auch
die Notwendigkeitsklausel eine allgemeinere Bedeutung. Diese
erfaßt somit auch 'die Gesetze, welche der Besetzende zur För-
derung seiner militärischen Interessen erläßt. Bei anderer Auf-
fassung wäre zu sagen: Der Art. 43 läßt für die Gesetzgebung
ım militärischen Interesse eine Lücke, welche nach der MARTENS-
schen Klausel durch die Grundsätze des Kriegsgebrauchs, der
Moral und der Menschlichkeit auszufüllen ist. Das führt aber
dann wohl auch zu einer Beschränkung der Militärgesetze auf
das Notwendigste.
Ill. Unüberwindliche Hindernisse, die zur Aenderung der Ge-
setze berechtigen,. werden sich auf den verschiedensten
Gebieten und nur allzubald zeigen. Man wird vor
allem die alten Aushebungsgesetze außer Kraft setzen und den
Einwohnern verbieten, sich unter die Fahnen zu begeben *”. Durch
die VO. vom 15. Dezember 1870 war auf den Eintritt’der Elsaß-
Lothringer in die französische Armee angedroht: Einziehung des
Vermögens, zehnjährige Verbannung und Nichtigkeit der auf Um-:
#4. M. SrruRr, Internat. Landkriegsrecht S. 99°.
# Das war der Inhalt einer Proklamation. des deutschen Bundesfeld-
herrn v. 13. Aug. und einer VO.v.15. Dez. 1870. Auch für Belgien hat jetzt
eine in drei Sprachen (deutsch, französisch, flämisch) verbreitete Prokla-
mation den belgischen Wehrpflichtigen verboten, der an sie ergangenen oder
noch ergehenden Einberufung zum belgischen Heer Folge zu leisten,