Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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frei darüber verfügen zu können. Bei dieser Sachlage bleibt die 
Direktion der Nationalbank bei ihrer Weigerung, nach Belgien 
zurückzukehren. Zur Deckung für den etwa 1'/, Milliarden Fran- 
ken betragenden Notenumlauf ist nicht mehr viel vorhanden. Die 
Entwertung der belgischen Valuta dürfte vollzogen sein. Die 
Festhaltung des Umrechnungsverhältnisses von 1 Fr. = 80 Pf., 
das schon von Anfang an zu hoch gegriffen war und der Beun- 
ruhigung steuern sollte, wird sich kaum aufrechterhalten lassen, 
und die Aussichten für die Guthaben in Belgien sind schlecht, 
Ohne Banken gibt es keinen Kredit, und ohne Kredit stockt 
alles. Die Selbsthilfe allein kann dem Zusammenbruch steuern. 
Vielleicht gelingt es dem Finanzgenie des Geheimrat v. LUMM, 
die finanziellen Kräfte zu organisieren und ein neues Finanzinstitut 
ins Leben zu rufen, das die Aufgabe der Nationalbank übernimmt 
und dem Kredit wieder Halt gibt. 
Die größte Schwierigkeit macht in Belgien die Volkser- 
nährung; und die deutsche Verwaltung tat ihr möglichstes, um den 
Einwohnern gerecht zu werden. Nach der Einnahme von Antwerpen 
wurden dort etwa 40000 bis 50000 Tonnen Getreide gefunden, 
welche die deutsche Verwaltung lediglich für die Nahrungs- 
versorgung der belgischen Bevölkerung verwandte. Daß nicht 
größere Mengen zur Verfügung standen, hatten die Belgier den 
Engländern zu danken, die vor ihrem Abzug aus Antwerpen 
Schiffe mit großen Getreidefrachten in der Schelde versenkten, 
damit sie nicht in die Hände der Deutschen fielen ®. 
Etwa 50 große Antwerpener Handelshäuser haben wegen der Ver- 
nichtung ihrer Warenvorräte durch die Engländer vor deren Abzug aus 
Antwerpen dem amerikanischen Gesandten große Entschädigungs- 
ansprüche gegen die englische Regierung in Höhe von 2830 Mil- 
lionen Francs angezeigt, da die Vernichtung der Waren nicht während 
der Verteidigung der Stadt, sondern erst nach Räumung durch 
das abziehende Korps mutwilligerweise erfolgt sei. In Er- 
mangelung einer Verbindung mit dem Konsularkorps in Le Havre wurde die 
Angelegenheit dem amerikanischen Gesandten im Haag zur vorläufigen Er- 
ledigung unterbreitet.
	        
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