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Um so auffallender war die Nachricht des „Haager Nieuwe
Courant“ ”*, England habe Ende Oktober der holländischen Regie-
rung einen nicht unbedeutenden Betrag zu den Kosten des Unterhaltes
der belgischen Flüchtlinge auf holländischem Boden angeboten,
das holländische Ministerium habe jedoch unter Anerkennung des
Wertes dieser Hilfeleistung das Angebot abgelehnt, da es der
Auffassung sei, daß Holland selbst aus freien Stücken die Kosten
der Verpflegung dieser Flüchtlinge zu tragen habe.
Holland handelte nicht bloß edel und selbstbewußt; es will
sich auch offenbar den Engländern nicht verpflichten und jede
Abhängigkeit von England vermeiden und gab damit einen
neuen Beweis für die Ernsthaftigkeit seiner Neutralität. Man
darf nämlich nicht vergessen, daß wohl auch einige Tausend
belgische Soldaten in Holland weilen, die in Bürgerkleidung die
Grenze überschritten haben. Damit entstand für Holland ein
schwer zu lösendes Problem. Der Beweis, ob ein Flüchtling Sol-
dat sei oder nicht, war bei der Massenhaftigkeit der Invasion
schwer zu führen, und Holland mußte daher jetzt damit rechnen,
daß das englische Geldgeschenk auch Belgiern zugute käme, die
bewiesenen Falles als flüchtige Soldaten nach Art. 11 und 12 des
Neutralitätsabkommens für den Landkrieg zu behandeln sein
würden.
Später hat ein Leitartikel der „Daily Mail“ mitgeteilt, die
englische Regierung werde die holländischen Behörden bitten, die
belgischen Flüchtlinge nach England zu verbringen, wenn sie die
englische Gastfreundschaft anzunehmen wünschten.
Dazu bemerkte das „Amsterdamer Allgemeene Handelsblad “ ?°
im Prinzip zustimmend: „Die Einwände, die gegen eine Annahme
von Geldbeihilfen durch die britische Regierung bestanden, würden
hier fortfallen.“ Doch stellt es die Frage, „was dann mit den
’# Wiedergegeben in der Frankfurter Zeitung v. 30. Okt., Nr. 301,
Erstes Morgenblatt.
75 Vgl. die Frankf. Zeitung v. 4. Nov., Nr. 306, Erstes Morgenblatt.