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durchführbaren Bestimmung des Art. 50 auf das Kampffeld wird
wohl durchweg zu verneinen sein.
Nehmen wir den einfachsten Fall, an den unsere Soldaten im
jetzigen Krieg schon ganz gewöhnt sind: Es wird auf eine durch-
ziehende Truppe von Franktireurs aus dem Hinterhalt gefeuert
und der Truppenführer läßt das Haus in Brand schießen !, Trotz
der örtlichen Beschränkung sind doch schon hier auch Unschul-
dige in Mitleidenschaft gezogen. Wenn nun aber gar das Schie-
16 Der englische Schatzkanzler LLOYD GEORGE entschuldigte aller-
dings in einer öffentlichen Rede die belgischen Franktireurs mit der merk-
würdigen Frage: „Was hatten deutsche Soldaten dort zu suchen? Muß
man denn erst Uniform anlegen, um einen Einbrecher niederzuschießen ?“
Er meinte auch, „man könne es dem französischen Bauern nicht übel nehmen,
wenn er mit der Flinte in der Hand sein Haus gegen Mordbrenner ver-
teidige“. Was soll man dazu sagen, daß für einen englischen Staatsmann
die Art. 1—2 der Landkriegsordnung einfach nicht mehr existieren? Die
Brandrede erhielt übrigens ihre gebührende Zurückweisung im eigenen
Land durch folgenden offenen Brief in der „Times“, der nach der
Uebersetzung der „Kreuzzeitung“ folgenden Wortlaut hat:
An den Herausgeber der „Times“.
Sehr geehrter Herr! Nur weil ich Gelegenheit hatte, aus eigenem
Erlebnis genau die Anschauungen in allen Rangstufen des russischen Heeres
und in geringerem Maße auch die des französischen und des deutschen
Heeres kennen zu lernen, wage ich es, mich in der Angelegenheit an Sie
zu wenden. _
Ich wünsche aufrichtig, daß die bürgerliche Bevölkerung in
England, Irland, Schottland und Wales über folgendes aufge-
klärt würde!
Im russischen, im französischen und im deutschen
Heere gilt die Anschauung, daß die Zivilistenund Personenin
Zivilkleidung nicht berechtigt sind — ganz gleich aus wel-
chem Grunde, ob aus Wut, Patriotismus oder Verzweiflung —, auf Sol-
daten und Offiziere eines einrückenden feindlichen Heeres zu schießen, und
daß sie wegen eines solchen Verbrechens (im militärischen Sinne) rück-
sichtslos mit dem Tode und gegebenenfalls mit Niederbrennung des
Hauses, aus dem die Schüsse kommen, bestraft werden. Dura lex, sed lex!
" Ganz gehorsamst
Oberst C. Ede la Poer Beresford,
früber britischer Militärattach6 in Petersburg.