—_ 97 —
Es ist nicht ohne weiteres selbstverständlich, daß diese Vor-
schrift mit dem Reichsvereinsgesetz in Einklang stehe. Insbe-
sondere kommt es dabei gemäß Art. 2 der RVerfassung nicht auf
die Motive des bayerischen, sondern auf den Willen des Reichs-
gesetzgebers an.
Auszugehen ist davon, daß das Reichsvereinsgesetz grund-
sätzlich ebenso wie die Reichsgewerbeordnung, das Freizügigkeits-
gesetz und andere Reichsgesetze auch für die Beamten der Staa-
ten Geltung hat. Will ein Reichsgesetz Einschränkungen der von
ihm ausdrücklich und allgemein gewährten Freiheiten durch Lan-
desgesetz für Staatsbeamte einschränken lassen, so ist das im
Reichsgesetz in der Regel ausdrücklich angeordnet. So in der
RGewO. 8 12. Wo die Ausnahme nicht angeordnet ist, da ist
sie ohne weiteres auch nicht zu vermuten. Das Reichsvereinsge-
setz steht nun darin dem Freizügigkeitsgesetze vom 1. November
1867 gleich. Nach diesem Gesetz $ 1 Abs. II sind landesgesetz-
liche Einschränkungen nicht zugelassen. Dies gilt nun offenbar
auch für Beamte der Staaten; auch ihnen kann die Freizügigkeit
im Deutschen Reich durch Landesgesetz nicht genommen oder
beliebig beschränkt werden. Doch wird eine Ausnahme davon
allgemein und mit Recht angenommen, sie betrifft die aus Rück-
sicht auf die Dienstpflicht unerläßliche Beschränkung in bezug
auf die Wohnsitzwahl.
Ebenso wird auch das Reichsvereinsgesetz auszulegen sein.
Dienstrechtliche Beschränkungen, welche die gewissenhafte Er-
füllung der Dienstpflicht sichern sollen, sind auch gegenüber der
Vereinsfreiheit zulässig”. Weitergehende Beschränkungen wür-
den ungültig sein.
Daß Art. 16 des bayerischen VG. sich in diesem Rahmen
hält, wird bei richtiger Auslegung nicht zu bezweifeln sein.
Das Verbot des Art. 16 erfaßt nur die Vereine, welche den
? So auch die Motive zu $ 1 des RVG. Vgl. Drucksachen des RT.
12. Leg.-Per. 1907/08. 1. Sess. 3. Bd. S. 2093, 2103, Anl. Bd. 8. S. 4828 f.