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heit der vereinigten Landstände dargestellte Landesgemeinde, die
alle Einwohner des „Staatsgebiets“ umfaßt, d. h. des dem fürst-
lichen kraft Amts- oder Lehnsherrlichkeit begründeten Herrschafts-
recht unterworfenen Territoriums, soweit sie einem Verband an-
gehören, der durch die Stände vertreten wird. Die Landschaft
ist an sich ebenso landsässig, wie die einzelnen sie bildenden
Stände, auch sie untersteht dem fürstlichen Herrschaftsrecht, in-
dessen nicht schlechthin, sondern nur nach Maßgabe eines ini ein-
zelnen durch Herkommen oder speziellen Rechtstitel genau um-
rissenen Rechtsverhältnisses ®®. Es bestehen so gewisse Bezie-
hungen herrschaftlicher Natur zwischen dem Landesherın und den
Einwohnern des Landes; insbesondere besitzt er in der Regel die
Gerichtsbarkeit gegenüber den Einwohnern, und die Landschaft
als solche hat insoweit selten eigene Rechte erlangt *. Umge-
kehrt werden aber diese herrschaftlichen Rechte des Landesherrn
durch spezielle Rechtstitel gegenüber einzelnen Ständen oder Her-
ren in ebenso mannigfaltiger Weise beschränkt; so insbe-
sondere gerade hinsichtlich der Gerichtsbarkeit, die speziell in
Brandenburg-Preußen auf dem platten Land so gut wie überall
der Grundherrschaft zustand ®. Die Landeseinwohner sowohl wie
das Land, das Territorium, standen so in mannigfaltiger Bezie-
hung zu den verschiedenen Herrschaftsrechten, sei es der Land-
schaft oder aber des Fürsten. Und wie dasselbe Stück Land zu
verschiedenen Territorien gehören konnte °®, so bestanden auch
hinsichtlich der Rechte über die es bewohnenden Leute derartige
Doppelbeziehungen °”,
Seit dem 14. Jahrhundert beginnt sich der Gedanke eines
über Ständen und Landesherrn stehenden einheitlichen
#® ZACHARIÄ a. a. O. S. 258, ZÖPFL a. a. O. S. 226,
$! GIERKE a. a. OÖ. I S. 535, 566.
855 Krıv, Die Landgemeinde in den östlichen Provinzen Preußens
(Schriften des Vereins für Sozialpolitik Bd. 47) S. 27 ff.
86 (JIERKE a. a. O. IS. 535 Note 2.
9” MEJER in Friedbergs Zeitschrift für Kirchenrecht Bd. 22 S. 222.