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Staats durchzusetzen, und damit beginnt der Kampf zwischen
der vom Landesherrn kraft eigenen Rechts in Anspruch genom-
menen Landesobrigkeit und den Ständen. Je mehr sich die ein-
heitliche Staatsgewalt konsolidierte, mußte damit das unmittelbare
Landesuntertanenverhältnis ®® in den Vordergrund treten, und zwar
auch da, wo sich die Stände gegenüber der Landeshoheit zu be-
haupten wußten; sie erlangten hier die Vertretung der landesherr-
lichen Untersassen in demselben Maße, wie der Landesherr die
Interessen der ständischen Hintersassen gegen die Stände wahr-
nahm. Sobald aber das Territorium nicht mehr privatrechtlich
aufgefaßt wurde, sobald der Patrimonialstaat verschwindet, „um
des Landes willen“ oder „von Landeswegen“ regiert wird, tritt
die engere Verbandsangehörigkeit in den Hintergrund, der Landes-
untertan in den Vordergrund °®®. Und zwar Untertan in doppelter
Hinsicht: vermöge der Zugehörigkeit zu dem territorialen Landes-
verband und vermöge der alten herrschaftlichen Unterworfenbeit,
die entweder unmittelbar gegenüber dem Landesherrn oder mittel-
bar, also zunächst gegenüber einer unter der Landeshoheit stehen-
den Herrschaft besteht. |
Von besonderer Bedeutung wird das neue unmittelbare
Verhältnis da, wo sich die Landeshoheit in einer einzigen Per-
son vereinigt, wo ein absoluter Herrscher die Fülle der Staats-
gewalt als „Souveränität stabiliert“ und sich damit zu allen
Einwohnern des Landes, den Untertanen, in Gegensatz stellt —
so in Brandenburg-Preußen, wo die Stände etwa um die
Mitte des 17. Jahrhunderts völlig ausgeschaltet und damit zu
„Pprivilegierten Untertanen* degradiert werden. .In den Maße, in
dem sich dieser Prozeß vollendete, in dem die Herrscher bemüht
waren, alle Verbände zwischen sich und den Untertanen zu zer-
schlagen, wendet sich der Staat mehr und mehr unmittelbar an
die „Einwohner der Lande“, tritt das unmittelbare persönliche
»® GIERKE &. &. O. III S. 695, IV S. 224, 226.
39 (GIERKE a. a. O. IV S. 230.
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