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unter die im Grunde noch immer mehr oder weniger patrimonial auf-
gefaßte Staatsgewalt ausmache, werden wir vergeblich Ausschau hal-
ten. Die große Schwierigkeit lag in dem Mangel der festen Grenzen
zwischen Reichs- und Landeshoheit ?® in Verbindung mit dem Stre-
ben der Fürsten, möglichst absolut zu regieren, wobei aber eben ge-
rade Preußen mit den Ständen paktierte**. So erfahren wir besten-
falls den tatsächlichen Grund der Unterwerfung im konkreten Fall,
und deren jeweils verschiedene Rechtsfolgen. Und hierbei finden
wir, daß man nicht weit über die mittelalterlichen Anschauungen
hinausgekommen ist. Aus der jwrisdictio ist die staatliche Ge-
richtsbarkeit geworden *°, aus dem Heerbann allenfalls die Wehr-
pflicht, die sich auf den Bauernstand beschränkt usw. Kurz, es
zeigt sich, daß eine große Unklarheit besteht, die noch vermehrt
‘wird durch die Anwendung der römischrechtlichen Grundsätze vom
Domizil und der Gerichtsstandschaft, über die man zu dem Satz
gelangte, die Aufnahme neuer Bürger sei ein regale majus des
Landesherrn“*. Als einendes Band erscheint einzig das Staatsge-
biet, das eine Anzahl von Menschen unter einem absoluten Herr-
scher vereinigt.
Zum Beleg sei auf FISCHER (oben Note 17) verwiesen, der
speziell den preußischen Verhältnissen seine Aufmerksamkeit zu-
wandte, weshalb seiner Darstellung hier ein besonderer Abschnitt
zu widmen ist. Wir finden hier den Beweis, daß der Merkan-
8 ZÖPFL a. a. OÖ. S. 225, vgl. auch oben Note 21.
4 BORNHAK, Preuß, Staats- und Rechtsgeschichte, Berlin 1903, S. 212 ff.
#5 Es ist bezeichnend, daß die drei Dinge: Landsassiat, Gerichsbarkeit
und Untertanschaft gleichgestellt werden konnten, vgl. ZÖPFL, Grundsätze
des Allg. und deutschen Staatsrechts, 4. Aufl. 1856, II S. 203 Note 2;
KLöBER, Oeff. Recht, 4. Aufl. 1840 $ 269.
“ ReHm a. a. O. S. 62. — Es kann REHM zugegeben werden, daß die
Entwickelung der Staatsangehörigkeit in modernem Sinne z. T. unter dem
Gesichtspunkte des Rechtsschutzes und der Gerichtsstandschaft gestanden
hat, daß wenigstens noch in der 2. Hälfte des 19. Jahrh. diese Gesichts-
punkte eine große Rolle spielten, vgl. z. B. den bereits zit. $ 38 Altenb
Verf.