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Der Schutz der Gerichtsbarkeit wird aber den Mitgliedern
des Staats nur nach Maßgabe der Gesetze gewährt, d. h. soweit
ihn das Gesetz zuläßt, und dies ist allgemein nur der Fall hin-
schaftsverhältnissen Halt macht, was er dadurch zum Ausdruck bringt,
daß er die persönlichen Eigenschaften und Rechte der als Mitglieder des
Staats anerkannten Untertanen nicht nach der lex domicilü, sondern nach
der Gerichtsbarkeit dieses Domizils bemißt. Damit ist ein gemeinsames
preußisches Indigenat ausgeschlossen und nur für Eximierte denkbar. Eines
solchen bedarf das ALR. auch gar nicht, da es nur subsidiäres Recht ent-
hält. Somit enthalten die Bestimmungen über das Verhältnis zwischen
Staat oder Herrscher und Untertan, zwischen Oberhaupt und Mitgliedern
des Staats im Grunde lediglich philosophische Deklarationen — die aber,
besonders in Hinblick auf die historische Entwickelung dieses Verhält-
nisses, insofern höchst wichtig sind, nls sie nach Art eines Verfassungs-
gesetzes die Rechtssphäre beider scharf gegeneinander abgrenzen und in
Beziehung zu einander stellen, dergestalt, daß die mitgliedschaftlichen
Rechte der Untertanen als solche anerkannt werden, wenn „auch nur um
sie in der Ausführung sofort wieder zunichte zu machen. — Einl. 8 23
bezieht sich, vgl. auch KooH 7. Aufl. Note 30 III, nicht auf den öffentlich-
rechtlichen status; die Bestimmungen gehören ins internationale Privat-
recht. Das ist keineswegs Interpretation ex post. Im ALR. fließen zwar
öffentliches und privates Recht allenthalben ineinander, und es ist in der
Regel schwer, die Grenze zu bestimmen, wo das eine anfängt und das
andre aufhört. Es ist denn auch bezeichnend, daß KooH außer den persön-
lichen Eigenschaften (Rechtsfähigkeit) und den Befugnissen (Handlungs-
fähigkeit) „nach allgemeinen Grundsätzen* auch Familien- und Eirbrecht
nach dem Personalstatut beurteilen will. Weiter wird. man aber wohl
kaum gehen dürfen; denn der Obersatz bleibt immer $ 22 (Marginale:
„Wen die Gesetze verbinden“), $ 23 bleibt Untersatz (Marginale: „über-
haupt‘). Danach ist $ 23 nur für Mitglieder des Staats maßgebend, das
staatsrechtliche Verhältnis — soweit man nach ALR, überhaupt von einem
solchen reden kann — ist hier also Voraussetzung. Demgemäß ist $ 34
Einl. nicht dahin zu verstehen, daß die Eigenschaft als Fremder nach $ 23
zu beurteilen sei, was ein Hysteronproteron enthielte und auch damit in
Widerspruch käme, daß der Fremde einer inländischen Gerichtsbarkeit nur
im Sachenrecht untersteht, und auch nur insoweit, als er im Inland lebt,
Grundbesitz hat oder Gewerbe betreibt. Für die Praxis lag allerdings die
Gefahr sehr nahe, aus Einl. $ 23 in Verbindung mit den korrespondieren-
den $$ 127 ff. II 17 das in der Folge stark in den Vordergrund tretende
staatsrechtliche Verhältnis nach der lex domiciki zu bestimmen, vgl. unten
Note 86 fi.
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