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denn das neu begründete preußische Untertanenverhältnis ®°.
Die Praxis wußte denn auch mit diesen neuen Gedanken nicht
viel anzufangen. Sie steckte ganz in gemeinrechtlichen Anschau-
ungen und ging — in Verkennung von ALR. Einl. $$ 23 und 34
— durchaus vom Domizil aus, wobei man in Anwendung von 1,
2 C. de incol. 10, 39 sogar zu einer regelrechten Ersitzung des Indi-
genats kam. Dabei ging es natürlich nicht ohne innere Widersprüche
ab. Anerkannter Grundsatz ist, daß sich jeder Fremde im Inland
aufhalten, seinen „gewöhnlichen Wohnsitz“ nehmen kann. Unter-
tan wird er erst durch die förmliche Einwanderung, worunter man
aber die bürgerliche Niederlassung, die Domizilierung verstand ®”.
Diese gestattete man nicht mehr schlechthin jedermann, die Ent-
scheidung darüber, ob eine Einwanderung statthaft sei, ist Lan-
deshoheitssache und steht bei der Regierung’”. Aber der Staat
beschränkt sich auf ein Einspruchsrecht und überläßt die Ent-
scheidung im allgemeinen der Gemeinde, ob sie die Niederlassung
bewilligen will, wobei aber die Gemeinde nicht nach Willkür vor-
gehen kann®®, sondern sie kann hier nur hinsichtlich der 1804
neugeordneten armenrechtlichen Anforderungen weiter gehen als
beim Inländer®®. Will die Gemeinde dennoch einen Ausländer
abweisen, so ist die Entscheidung der Regierung einzuholen. Aber
wenn der „Ausländer im Inland eine Wohnung nimmt, d. h. ein
domicilium konstituiert, wird er der Regel nach schon durch
dieses Ereignis an sich selbst ein Einländer. Nirgends ist in den
Gesetzen eine ausdrückliche Einwilligung des Staats reserviert,
vielmehr kann das Domizil stillschweigend durch Handlungen
85 Vgl. auch ALR. II 17 $ 149, wo der sich Niederlassende für die
Dauer dieser 10 Jahre hinsichtlich des Abfahrtegelds dem nur sich auf-
haltenden Fremden gleichgestellt d. h. befreit wird.
se Vgl. oben Note 64 a. E.
” v. Kımprtz, Jahrb. 1836 Nr. 12.
®® v. Kamprz, Jahrb. 1829 Nr. 59.
8 v, Kampzz, Jahrb. 1819 Nr. 43.
% v. Knmprz, Jahrb. 1837 Nr. 26.