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Ueber das Wesen der Untertanschaft gibt das ALR. — ab-
gesehen von der Charakterisierung als mitgliedschaftliches Ver-
hältnis — sowenig Aufschluß, als wir ihn bei FISCRER fanden. Es
gibt kasuistisch für jeden Einwohner Rechte und Pflichten an,
soweit nicht sonstige Gesetze maßgebend sind. Es ist nur sub-
sidiär Gesetz und läßt die besonderen Bürgerrechte der einzelnen
Landesteile unberührt, soweit solche noch bestehen oder nicht in
sie eingegriffen ist!" Es ist also im einzelnen zu fragen, welche
ALR. und die gesamten Grundlagen des Staats erhebliche Umbildungen
erfahren hatten. Doch auch jetzt wird an den hier maßgebenden Bestim-
mungen des ALR. im Grunde nichts geändert; sie erfahren nur eine Weiter-
bildung in dem Sinne, daß die seither unzureichenden Bestimmungen über
die Auswanderung eine Ergänzung erfahren, wodurch gleichzeitig die Frage
aufgeworfen wird, gegen wen sich diese Bestimmungen richten. Man geht
wohl kaum mit der Annahme fehl, wenn man hier in dem Ed. von 1812
den ernstlichen Versuch erblickt, für den Erwerb und Verlust der preuß.
Untertanenstellung eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, nachdem
— vgl. unten bei Note 122 — kurz vorher der Versuch der Schaffung eines
preuß. Staatsbürgerrechts gemacht war. Aber ebensowenig geht man wohl
mit der Annahme fehl, daß dieses Edikt, wenigstens soweit .es sich um
die Frage handelt, wer als preuß. Untertan anzusehen sei, sich mit der
seitherigen Praxis deckt — wie denn ja auch nach seiner am 15. 9. 1818
erfolgten Aufhebung nur noch die Verwaltungspraxis blieb. Und deshalb
kann man wohl unbedenklich das Edikt trotz seines — übrigens erst bei
der Aufbebung deklarierten — Ausnahmecharakters bereits. zugleich aller-
dings auch nur im Sinne des Textes heranziehen. Jedenfalls geht aus dem
Edikt mit Sicherheit hervor, daß schon früh in unzweideutiger Weise das
einmal begründete Untertanenverhältnis rein persönlich aufgefaßt wurde, daß
man es trotz fremder Naturalisation als fortbestehend ansah, wenn nicht aus-
drückliche Entlassung vorlag. Hieran hat auch die Aufhebung des Edikts
nichts geändert. Geblieben ist es insbes. bei der endgültigen Entlassung
(88 1 und 4 VO. von 1818) sowie der Beurlaubung, da die Erlaubnis zum
Verlassen des Territoriums nach wie vor unter Vorbehalt erfolgen konnte.
Ein solcher Vorbehalt ist aber insbes. in der Ausstellung von Reisepapieren
zu erblicken, woran die Praxis konstant festhielt, vgl. unten Note 125.
we Sie sind nicht zu verwechseln mit den sog. Inkolatrechten, die
mitunter als Vorbedingung des Erwerbs von Grundbesitz bestanden; noch
ALR. II 9 & 39 weist auf sie hin. Vgl. auch BoRNHAK Staatsrecht 1/246
Note 2 sowie oben im Text nach N.49. Eine Verwechselung unterläuft an-
scheinend v. Rönne Staatsrecht 2. Aufl. Bd. 1b 8.5 Note b, sowie SCHULZE,