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Staat, selbst seiner Untertanen kann sich der Staat entledigen !!*
— man denke z. B. an die in Brandenburg-Preußen allerdings
nicht ‚gehandhabte Möglichkeit der Vertreibung auf Grund des jus
reformandi der Landesherrn des IPO. Art. V $ 34, das erst durch
$ 63 des RDH. von 1803, die Rheinbundsverträge und schließlich
Art. 16 DBA. gemildert wurde.
V.
Dieses wenig ausgeprägte und innerlich widerspruchsvolle
System traf mit dem neuen französischen System zusammen, wo
— in der Revolution aufgebaut — der Staatsverband auf der
Auffassung beruht, daß die kraft öffentlichen Rechts zu einer
Staatsgewalt vereinigten Glieder eines bürgerlichen Gemeinwesens,
die Staatsbürger, nicht mehr schlechthin, sondern eben nur ver-
möge ihrer Zugehörigkeit zu diesem Verband dem herrschenden
Staate untergeordnet sind. Auf deutsche Verhältnisse angewandt
besagte das etwa, daß man das Verhältnis des Orts-, Stadt- oder
Gemeindebürgers, des vollberechtigten Gemeindeglieds auf den
Staat übertrug, wie denn auch tatsächlich das französische System
radikal mit allen Zwischenverbänden im Staat. aufräumt: Kraft
ihrer Zugehörigkeit zum Staat sind die Staatsbürger ebenso voll-
berechtigte Gemeindemitglieder, die Gemeinde ist nichts weiter
als ein staatlicher Bezirk, die unterste Abteilung des Staatsgebiets
sowohl wie der Staatsverwaltung.
Das preußische System, das vom Untertan bedingungslosen
Gehorsam und unbedingtes Vertrauen auf die Einsicht der Regie-
rung verlangt, und deshalb noch nicht einmal innerhalb der dem
114 v, FriscH, Fremdenrecht, bemerkt S. 142, ein solches Ausweisungs-
„recht“ hätten die meisten Landesherren in den vorkonstitutionellen Staaten
besessen — u.E. eine einfache Folge des Absolutismus — es sei jedoch auch
mehrfach „in der Gesetzgebung anerkannt‘, wofür mehrere süddeutsche
Beispiele angeführt werden. — In Preußen ist die Entziehung des Indi-
genats als Strafe durch die KO. vom 4. 1. 1745 (CCM. II 169) abgeschafft
worden.