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planten oder vorbereiteten Anlage regelmäßig den Anstoß gibt.
und weit weniger oft die innere Notwendigkeit. Das Ganze er-
scheint als ein wehrhaftes Bollwerk, dessen Teile aus den ver-
schiedensten Zeiten stammen und fortgesetzten Aenderungen unter-
liegen unter dem Gesichtspunkt der Vollendung des Bollwerks —
als herrschende Zwingfeste. Ueber das Bild. dieses wunder-
sam chaotischen Agglomerats ist. in Deutschland wenigstens, der
absolute Staat nicht hinausgekommen; nirgends hat er die vorhan-
denen tatsächlichen Grundlagen so vollständig in sich aufgesogen,
wie dies seinem Wesen gemäß war. Wohl gab es auch in
Deutschland Zeiten, in denen sich alle Macht in einer Hand ver-
einigte, und die Nachwirkungen dieser Zeiten begegnen uns noch
heute auf Schritt und Tritt — nicht nur in der realen Wirklich-
keit, sondern auch in der staatsrechtlichen Auffassung der Wissen-
schaft. Aber rechtlich hat sich der „absolute Staat“ nie verwirk-
licht, stets hat er Schranken anerkannt und selbst tatsächlich hat
das neue vom fürstlichen Absolutismus aufgerichtete Staatswesen
stets nur als verhältnismäßig dünne Oberschicht auf der breiten
knorrigen Unterschicht des alten Feudalstaates gelagert, ohne diese
je ganz zudecken zu können. Die vermeintliche Leiche des Feu-
dalstaates war noch so lebendig, daß sie allerorten das darüber
gebreitete Leichentuch des Absolutismus durchlöcherte. So er-
klärt sich die eigentümliche Erscheinung, daß wir im Polizei-
staat sowohl die alten herrschaftlich-genossenschaftlichen Ver-
hältnisse vom Landesherrn bis zum Einwohner, wie über diese
ausgebreitet das unmittelbare Verhältnis zwischen Herrscher und
Untertan finden. Beide sind — begrifflich kaum erkannt, ge-
schweige denn geschieden — unentwirrbar ineinander verflochten
und modifizieren sich so gegenseitig in der verschiedensten Weise.
Diese Entwicklung finden wir insbesondere in Preußen, zu-
gleich aber auch den zweiten Faktor, der den „absoluten Staat“
zu einem Widerspruch in sich stempelt. Hier wurde mit den
ersten kräftigen Schritten zur scheinbaren Verwirklichung des