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Individualrechten gewordenen Freiheitsrechte nicht nur den „Preu-
ßen“, sondern auch den „Fremden“ zukommen'5”. Doch führt uns
diese Frage vom eigentlichen Thema ab; es handelt sich hier nur
um die Feststellung, daß das Wesen der Staatsangehörig-
keit, der „Eigenschaft als preußischer Untertan“
ein echtes mitgliedschaftliches Rechtsverhältnis
darstellt. aus dem beiderseits Rechte und Pflichten
fließen.
Aber wie bereits das ALR. betont, Recht und Pflicht sind
korrelate Begriffe: ist der angebliche status, vermöge dessen der
Untertan zum Staat in Beziehung gesetzt ist, ein mitgliedschaft-
liches Rechtsverhältnis, so ist er gleichermaßen ein Pflichtver-
hältnis. Und ebenso, wie das ALR. die Verwirklichung der dem
Unterten zugesicherten „bürgerlichen“ Rechte in der Hauptsache
in das Pflichtgefühl des Staatsoberhaupts verlegt, den echten
Rechtscharakter dieser Seite des mitgliedschaftlichen Verhältnisses
also wieder verwischt, so spricht es umgekehrt an der einzigen
Stelle, aus der auf die Auffassung des Untertanenverhältnisses
unmittelbar geschlossen werden kann, mit unheimlicher Folge-
riehtigkeit nur von den „allgemeinen Pflichten der Untertanen“.
Es ist das wiederum die Lehre vom Verhältnis der Staatsbeamten,
II 10% 2. Ein allgemeines affırmatives Recht der Untertanen
gegenüber dem Staat findet sich im ALR. nicht als Recht, son-
dern nur als sittlich garantiertes Versprechen durchgeführt. Wo
anscheinend ein wirkliches positives Recht gegeben ist, der Schutz
der Gerichtsbarkeit !5%, wird der Untertan wieder auf seine Stel-
157 Vgl. über diese Frage v. FRISCH, Fremdenrecht S. 227 ff. und An.
SCHÜTZ, Kommentar zur VU. I S. 100 ff., ferner BEUTNER, Die Rechtsstel-
lung der Ausländer nach Titel IT der preuß. VÜU., 1913.
158 Sollten die Verfasser des ALR. an eine regelrechte „Teilung der
Gewalten* gedacht haben, natürlich in dem bedingten Sinne, der dem ALR.
überall zugrunde zu legen ist? Vgl. hierzu auch die oben Note 144 erw.
Kontroverse über den Begriff der Polizei im Sinne des ALR., und vor allem
die dahinzielenden Ausführungen von LÖnIns, Gerichte und Verwaltungs-