Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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griffen werden kann, so bringt das für die Verfassungsgeschichte 
fast ganz Europas bedeutsame Jahr 1848 auch Oesterreich zum 
erstenmale eine konstitutionelle Verfassung®®, Da ist es denn 
nun sofort für den Unterschied zwischen juristischer und histo- 
risch-politischer Betrachtungsweise bezeichnend genug, daß ge- 
rade die Aprilverfassung des Jahres 1848 (nach ihrem Schöpfer 
auch Pillersdorfsche Verfassung), die, historisch-politisch betrachtet, 
(indem sie die bisher unumschränkte gesetzgebende Gewalt des 
absoluten Monarchen zugunsten einer nunmehr zur Mitwirkung 
bei der Gesetzgebung berufenen Volksvertretung beschränkte), ein 
unerhörtes Novum schuf, juristisch betrachtet nicht als Staatser- 
neuerung sich darstellt. Daß der Staat vordem eine absolute 
Monarchie war, nunmehr eine konstitutionelle ist, bezeichnet 
nur eine politische und nicht eine juristische Umwälzung. Es 
ist juristisch derselbe Staat, in dem der Monarch nur von 
einer der rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machte, wenn 
er auf sein alleiniges Gesetzgebungsrecht verzichtet hat. Ganz 
anders würde sich die Sache darstellen, wenn unsere erste Ver- 
fassung, materiell ja auf jeden Fall ein Ergebnis der Revo- 
lution, auch formell sich als solches gäbe, indem sie nicht als 
Oktroi des Kaisers, sondern als Gesetzgebungsakt der Revolutions- 
partei aufgetreten wäre. Dieser kleine Unterschied in der Form, 
welchen eine historisch-politische Betrachtung mehr oder weniger 
vernachlässigt, ja mit gutem Rechte ganz übersehen würde, macht 
den einschneidendsten juristischen Unterschied. Eine konstitutio- 
nelle Verfassung als Akt einer Revolutionspartei würde nicht eine 
rechtmäßige, sondern, an der Verfassung des absoluten Staates 
gemessen, eine rechtswidrige Beschränkung des Monarchen, und, 
3 Vgl. für den folgenden, ganz kursorischen, nur auf die Frage der 
Rechtseinheit abzielenden Ueberblick namentlich: BERNATZIK, Die österr. 
Verfassungsgesetze, 2. Aufl, Wien 191l, Franz HAUKE, Grundriß des 
österr. Verfassungsrechtes, Leipzig 1905, Artikel „Verfassungsgeschichte*, 
4. Bd. des österr. Staatswörterbuchs, 2. Aufl. S. 730 ff. u. a. m.
	        
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