Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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sie wiederum ohne den im Oktoberdiplome vorgesehenen Reichsrat 
die Verfassung durchaus anders konstituierte So ward mit dem 
Patente vom 26. Februar 1861, RGBl. Nr. 20, abermals ein neuer 
Staat geboren, der sein rechtliches Zentrum eben in diesem „Fe- 
bruar“-Patente hatte. 
Und wieder wird dieser von einem rechtlichen Novum abge- 
löst, wenn das kais. Manifest vom 20. Sept. 1865 (RGBIl. Nr. 88) 
und das kais. Patent vom 20. Sept. 1865 (RGBl. Nr. 89) ergehen, 
„womit die Wirksamkeit des durch das kaiserliche Patent vom 
26. Februar 1861 kundgemachten Grundgesetzes tiber die Reichs- 
vertretung sistiert wird*. 
Wieder ein Bruch der zur damaligen Zeit bestehenden Ver- 
fassung — denn zu einer einseitigen Sistierung bot das Februar- 
patent selbstverständlich keine Handhabe —, und damit wiederum 
— denn das neu verkündigte Verfassungsprinzip vermochte sich, 
wenn auch nur auf kurze Zeit, durchzusetzen — ein neuer Staat. 
Und zwar, da die Sistierung nicht von dem Oktroi einer neuen 
Verfassung begleitet war, ein absoluter Staat. Das bedeutet nun 
freilich nicht, daß dieses Patent und die darauf sich gründende 
„Gesetzgebung“ in jeder Hinsicht verfassungsmäßig gewesen wäre, 
vielmehr besteht zu allen vorangegangenen Konstitutionen das 
Verhältnis der Verfassungswidrigkeit; das bedeutet bloß, daß, so 
man irgendwie die nun folgenden Gesetzgebungsakte als Rechts- 
erscheinungen qualifizieren will — und dazu liegt unstreitig ein 
praktisches Bedürfnis vor — sie auf einen durch das September- 
manifest neu konstituierten Staat beziehen muß *°, 
Abermals erhob damit der absolute Staat in Oesterreich sein 
Haupt, jedoch, soweit geschriebene Verfassungen als Erkenntnis- 
mittel dienen, zum letztenmale. 
4° Der durchaus verfassungswidrige Charakter, aus dem sich nach der 
hier entwickelten Theorie die Notwendigkeit der Annahme einer Staats- 
gründung ergibt, wofern auf demSeptembermanifest Rechtsprodukte basieren, 
wird auch von sämtlichen Staatsrechtslehrern mit aller wünschenswerten 
Entschiedenheit betont. Vgl. vornehmlich TEZNER, Volksvertretung, S. 127.
	        
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