Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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andere Verfassungsbestandteile nicht dulden würden, willkür- 
lich gewisse Bestimmungen ausgenommen werden. Eine ratio 
dieser Ausnahme wäre aber nicht ersichtlich, außer sie sollte 
darin liegen, jedwede politische Maßregel im Lichte der Verfas- 
sungsmäßigkeit erscheinen zu lassen. Konsequenterweise müßte 
sich dann die Verfassung nach der Richtung jedweder oder jeder 
von bestimmter Seite ausgehenden Verfassungsverletzung wenden. 
Mit jedem Verfassungsbruche würde sich das Verfassungsrecht 
gewandelt haben; d. h. weiter, es gäbe keinen Verfassungsbruch, 
aber auch kein Verfassungsrecht, außer dem Willen dessen, der 
das (im voraus als giltig angenommene) Verfassungsrecht „bricht“. 
Die Dezemberverfassung gilt entweder zur Gänze (und d. h. gleich- 
zeitig als undurchdringliches Rechtsprinzip) oder gar nicht. 
Ob sie freilich gilt, dies auszumachen ist nicht Sache der 
Jurisprudenz, dies ist eine Voraussetzung der Jurisprudenz, 
welche ihr, sei esnun von einer (metajuristischen) logischen Wissen- 
schaft oder von einem (überhaupt unwissenschaftlichen) politischen 
Glauben zur Verfügung gestellt sein muß. Nur so viel sei fest- 
gestellt, daß sich die Dezemberverfassung — aller verfassungs- 
widrigen Intermezzi ungeachtet — gründlicher und dauernder 
durchgesetzt hat als alle ihre Vorläuferinnen; da nun für die erst- 
malige Annahme eines bestimmten Verfassungsprinzips seine Wir- 
kung den Erkenntnisgrund für seine Geltung abzugeben berufen 
ist, hat die Annahme der Geltung der Dezemberverfassung das 
Meiste für sich. 
Die vorerwähnte Voraussetzung des österreichischen Ver- 
  
logik gegenüber, den Abstand zwischen der Idealität der Rechtsordnung 
und der Realität des Rechtslebens, den jene aufzuheben tendiert, möglichst 
einzuhalten. Wie groß dieser Abstand zu sein habe, darüber geben weder 
Denkökonomie noch Denklogik Aufschluß, das richtet sich nach anderen, 
nach unerforschten Bestimmgründen. 
47 Dies nach dem von KELSEN wie von niemand sonst betonten Prinzip® 
der rechtlichen Undurchdringlichkeit. (Vgl. Archiv £. öff, Recht a. a. O. 
S. 209.) 
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